Unvollendetes Werk oder anderer Künstler?

hi grisu,

ein bild lieber unvollendet zu lassen, bevor man einen "fremden" hand anlegen läßt, finde ich einen sehr poetischen gedanken. das ist eine intention, die die intimität zwischen künstler, träger und motiv auf schöne weise hervorhebt. in einer zeit, in der tattos vor allem ein mode-aspekt werden, kann man das nicht hoch genug einschätzen. wenn du also mit dem unfertigen bild glücklich sein kannst, dich wohlfühlst, dann lass es doch so. in gewisser weise wird das bild auf diese weise ja auch "vollendet". nur eben nicht mit tinte und blut, sondern mit einer geste der erinnerung.

andererseits gibt es sicher auch genug gründe, die sache pragmatischer zu sehen. die wenigsten künstler arbeiten wie die einsiedler jahrelang allein vor sich hin. du kannst durchaus von dem regen austausch und der zusammenarbeit unter künstlern profitieren: solltest du mit dem unfertigen bild unglücklich sein, warum dann nicht einen engen mitarbeiter (vielleicht sogar freund?) deines künstlers um die ausarbeitung bitten? auch damit wahrst du den respekt vor ihm & seiner arbeit.

ein gruß,

marsaba

was mich im zusammenhang mit grisu` s frage doch noch interessieren würde, ist die meinung von hier mitlesenden tätowierern:

habt ihr probleme damit, von anderen begonnene motive fertigzustellen?

hättet ihr ein problem, wenn ein anderer eins von euren motiven fertigstellen würde?

und: wenn ihr ein bild aus irgendwelchen gründen nicht zu ende bringen könnt (es muss ja nicht immer gleich der sensenmann sein, der einem dazwischenkommt ) - empfehlt ihr dann bestimmte kollegen? freunde? künstlerische seelenverwandte?

marsaba

@****aba,
von daher kann man da keine generelle Aussage zu treffen, ob und wer da wie zu eingestellt ist.
Viele von uns sind sogar Sensibelchen.

Ich persönlich respektiere allerdings generell die Wünsche und Vorstellungen der Kunden - und hab bisher (seit über 30 Jahren Tätowierer) noch immer einen Weg gefunden diese auch umzusetzen.

@***su´s
Im zugrunde liegenden Fall finde ich deine Einstellung sehr lobenswert und hätte da auch einen Vorschlag:

lass eine saubere Trennung vom bisherigen Werk zum Neuen, meinetwegen in Form eines Spaltes wie er entsteht wenn ein Spiegel im Rahmen zerbricht - und knüpfe lediglich am Thema an, nicht unbedingt am Motiv.

Ein anderes Beispiel dafür wie ich das meine ist:

stell dir vor die Vorlage für ein ganzes Rückenmotiv auf Pergament auf den Rücken aufgezogen, will gerade anpressen . . . da beugt der Kerl sich vornüber und zerreißt das Pergament in 5 - 6 Teile !
. . . die hier entstandenen parallelen Risse von nur wenigen Millimetern Breite nackt lassen . . .

Nur mal so vor mich hin gedacht . . .

Sollte vielleicht doch nicht schon so früh rauchen

Gruß Sam