Unerwartet schmerzhaft
Der Thread ist schon ein bißchen älter, aber ich möchte auf die Fragen von
@*******en66 zum Thema Verlustangst und Verlieben in den "anderen" Partner eingehen.
Meine Frau hatte vor kurzem ihr bi-sexuelles Coming-Out (oder wie man das auch immer nennen mag). Wir einigten uns nach kurzem Schock meinerseits darauf eine "offene Beziehung" zu führen, in der sie die Möglichkeit bekommt ihrer Neigung nachzugehen, Frauen kennenzulernen, zu treffen und mit ihnen Sex zu haben. Wir fanden es beide wichtig, dass ich auch nach Erfahrungen mit anderen Frauen suche, also meldete ich mich unter anderem hier an. Nach kurzer Zeit lernte meine Frau hier eine lesbische Frau kennen und die beiden verliebten sich heftig ineinander (ja nur durch Schreiben, Telefonieren und Fotos). Als es dann zum ersten Treffen der beiden kam, stellte ich fest, dass ich mit der Geschichte überhaupt nicht so gut umgehen konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte. Im Gegenteil. An diesem Abend wurde ich von solch einer heftigen Eifersucht gebeutelt, wie ich es vorher nur im Teenager-Alter erlebt hatte. Ich war in den 15 Jahren unserer Beziehung nie eifersüchtig, ich hatte ja auch keinen Grund. Nun diese Eifersucht zu fühlen, stürzte mich in einen Loyalitätskonflikt, ich hatte meiner Frau schließlich zugesagt, dass sie ihre neue Seite ausleben darf. Zudem wollte ich mir die Eifersucht nicht eingestehen, da man nach allem, was ich dazu gelesen hatte, als aufgeschlossener Partner in einer offenen Beziehung es ja wohl nicht nötig hat, eifersüchtig zu sein, ein rein egoistisches Besitztumsdenken, das nicht mehr zeitgemäß ist.
Obwohl wir unsere Beziehung weiterführen, obwohl ich faktisch genausoviel Zeit mit meiner Frau verbringe wie vorher (sie war jetzt einmal eine Nacht weg), obwohl sich unser Sexlieben verbessert hatte (zumindest vor meiner Eifersuchtsattacke) habe ich massive Verlustängste, die ich jetzt erstmal bewältigen muß.
Der zentrale Punkt, der meine Eifersucht ausgelöst hat, ist sicherlich die Tatsache, dass sich meine Frau so heftig verliebt hat. Damit hatten wir beide nicht gerechnet. Nun stehen wir vor der Herausforderung dieser neuen Leidenschaft gerecht zu werden ohne unsere Beziehung zu zerstören. Dabei müssen auch die Bedürfnisse der Partnerin meiner Frau berücksichtigt werden.
Zur Zeit schwanke ich zwischen Zuversicht und Verzweiflung. Wir sind glaube ich auf einem guten Weg, reden sehr viel, sind beide sehr reflektiert. Trotzdem habe ich Angst davor, wie es weitergeht; empfinde ich Trauer über den "Verlust" unserer "alten" Beziehung.
Letztendlich kostet uns dieses "Abenteuer" eine ganze Menge Kraft. Wenn es gelingt wird es sicher unsere Beziehung und unser Leben bereichern und verbessern. Bis dahin liegt aber noch ein langer Weg vor uns, der nicht immer so harmonisch verlaufen wird, wie man es nach einigen Berichten über solche Konstellationen hier und anderswo erwarten könnte.