Mathe und die Sache mit der Liebe

Aus der Zeitung habe ich erfahren, dass Sabine gestorben ist. Die Uni dankt der Professorin und Fachgebietsleiterin für Mathematik für ihre treuen Dienste ... bla bla bla. Familie hatte sie nicht.
Apropos "treu" - der einzige Weggefährte, den sie hatte, war Bora, ein Wirbelwind einer Schäferhündin.
Schicksal so vieler Akademikerinnen und mit Einsamkeit als Preis für wissenschaftlichen Erfolg: Weit und breit kein Mann, der ihnen das Wasser reichen könnte, geschweige denn, sie würden auch nur einmal besoffen davon, wenn´s denn einer schaffen würde ... allenfalls so ein Arsch wie ich, der dann aber unfähig für eine Beziehung ist ...

Heute kommt es mir wie aus einem anderen Leben vor, als wir vor 30 Jahren im gleichen Matheseminar saßen.
Sie war mir hoffnungslos überlegen; was aber andererseits praktisch war: frei Haus hatte ich jemanden für Nachhilfe - denn irgendwann war sie meinen vielgeschwätzigen Avancen erlegen: das Mädchen, das keine Ahnung hatte von der Wirkung der Länge ihrer Beine; dem Farbton ihrer Haare, die an reifen Weizen erinnerte; ihrer Haut, die gebräunt wie mit Goldstaub überpudert aussah ...

Ich erinnere mich an einen gemeinsamen Sommer, der kein Ende nehmen wollte, als wir am Rand einer Fontane im Unipark lümmelten und Sabine einen Wassertropfen auf ihrer Handfläche fing, dann noch einen zweiten.
"Pass´ mal auf!?" forderte sie mich auf. Sie nahm ihre Hand bis dicht an ihren Mund und blies den einen Tropfen auf den anderen, so dass beide zusammenflossen.
"Und?" fragte sie mich, "was gibt jetzt 1 + 1? - Mit Sicherheit nicht 2 ..."

Darauf laberte ich was von Aristophanes und den frech gewordenen Kugelmenschen, die alle von Apoll als Rache des Zeus in zwei Hälften gehauen wurden, verdammt dazu, ihre zweite Hälfte auf Erden zu suchen ... mehr oder weniger erfolgreich.

"Aha", erwiderte meine HH-, Herz-Hirn-Dame, "du willst also tatsächlich behaupten, ich bin bloß eine halbe Portion? Na, wenn dem so ist, dann bist du ... sagen wir ... eine viertel Portion?:):)
Ja, gerecht und bissig war sie halt auch.

Heute aber zeigt sie mir wieder eine Grenze der Mathematik auf: Was gibt 1 - 1? - Nein, nicht 0 ... weniger, viel weniger ...