Foodporn ist ein Thema im Magazin - hier eine Erweiterung :)
Mit den Schalotten in der Hand muss ich vom Balkon in die Küche zurück; schließlich bin ich der Koch, dein Koch. Leise versuche ich an dir vorbei zu huschen, um dich nicht beim Lesen zu stören.Sogar beim Lesen bist du der unglaublichste Mensch, der mir jemals begegnet ist: Du kniest auf dem Sitz des Stuhls, dabei hast du deine Hüfte eingeknickt, um auf den Ellenbogen auf der Tischplatte aufgestützt in dein Kafka-Buch zu gucken - natürlich komme ich nicht an dir vorbei, ohne dir wenigstens über den Rücken zu streicheln ... als gepflegter Bocuse kann ich einfach nicht zum Metzger werden und über dich herfallen wie über ein Stück Fleisch, auch wenn deine Rückansicht und Präsentation mich das Kochen eigentlich total vergessen lassen ...
Über das Öl im Topf ist heißer und der Herd an ... es gibt Buchweizen, total langweilige Kost, der Horror meiner Kindheit. (Wer hat vergessen, einzukaufen!?). Aber mit klein gehackten Schalotten, Lauch, Karotten, einigen gewürfelten Kartoffeln (wird so sämiger) peppe ich sie auf. Abgelöscht mit Gemüsebrühe, die immer wieder hinzugegeben wird, ebenso Weißwein. Zum Schluss noch klein geschnittene Tomaten, Erbsen, Saiten dazu, Petersilie obendrauf ... haute cuisine für Arme: Gretschka als Risotto all´italiana:).
Beim Rühren verlieren sich meine Gedanken - als Angeber müsste ich sagen: Ich meditiere, philosophiere.
Wenn es stimmt, dass ich an deiner Seite besser, ja sogar: schöner werde - hmmm, dann sollten wir uns alle lieben, damit aus dieser Erde ein schöner, besserer Ort wird ...
Aber du kommst in die Küche und entreißt mich meinen Gedanken. Wenig entrückt durch Kafka - stattdessen fragst du mich, als du die Gretschka siehst gleichsam nach einem rettenden Strohhalm greifend: Haben wir eigentlich noch Ketchup da?
Und ich schwöre mir: Wenn du das nächste Mal liest, verschlinge ich dich wie ein Stück Fleisch ... ganz ohne Ketchup!