Wenn der Mensch jedes Nein akzeptiert hätte, hätte er sich wohl kaum so über den gesamten Planeten ausgebreitet.
Will heißen. Natürlich ist es super plüschig, politisch korrekt das Nein einer Sub als das zu akzeptieren was es ist – eben ein Nein. Grenze. Finis. Worüber reden wir hier aber. Über den Alltag? Über alltägliche „demokratische“ Auseinandersetzungen? Das Wahlkreuzchen an der „richtigen“ Stelle zu setzen? – Wohl kaum. Wir reden über Sub und das Nein. Das Nein im BDSM-Kontext. Sub! Da haben wir´s – Wir reden über ein bestehendes sexuelles Machtgefälle. Das handfest praktiziert und auf die Goldwaage gelegt jeden Dom schon mal ohnehin ganz unsentimental mit einem Bein vor dem Kadi stehen lässt. Machtgefälle heißt auf´s kleinste herunter gebrochen, einer sagt an – der/die andere folgt. So sieht´s letztendlich aus. Denn darauf basiert die Lust, die Beide zusammenführt. Rotgestriemte Ärsche und Sub´s die aus dem Blechnapf fressen fallen wohl kaum unter die Political Correctness allgemeingültiger, öffentlich rechtlicher Umgangsformen. BDSM ist definitiv politisch nicht korrekt. Die Praxis auf dem BDSM-Ponyhof sieht denn auch etwas anders aus, auch wenn hier vehement das Ja zum Nein hochgehalten wird. Hier wird viel schön theoretisiert. Zu viel für meinen Geschmack. Vieles liest sich für mich wie: Schlag mich – tu mir aber nicht weh.
Im Grunde gibt es überhaupt kein richtiges Nein, das relevant wäre. Denn als Herr meines Frauchens sollte ich schlicht wissen, was ich ihr zumuten kann, wie weit ich gehen kann. Kann ich das nicht, sollte ich meine Gerte, oder sonst was leise an den Nagel hängen. Andererseits – und da kann ein Dom noch so empathisch und sensibel sein – hört unser wirkliches Wissen an der Stirn unseres Gegenübers auf. Ich kann nicht wirklich Gedanken lesen, auch wenn ich mir noch so viel Mühe gebe. Ich kann zu hören, ahnen, fühlen, spüren, tasten, abwägen, mit größtmöglichen Wahrscheinlichkeiten operieren, aber nicht zwingend immer wissen - wann ist ein Nein wirklich ein absolutes Nein ist. Zu viele Neins sind einfach wie Bambus im Wind. Und die Praxis zeigt, dass die Liste absoluter Tabus in einer D/s-Liebesbeziehung eh mit einer gewissen Eigendynamik immer kürzer wird. Ergo besinne ich mich auf dieses kleine Quäntchen „Aggressionspotential“, das ich in mir habe und das mich u. a. deutlich von Sub unterscheidet - und mache; ich erobere Terrain, zu gern auch neues. Bewusst und durchaus mit dem einkalkulierten Risiko, das beim Hobeln Späne, Proteste und Tränen fallen können.
Und ich rede hier nicht von Dingen, die nachhaltig zerstören, noncon und irreparabel sind, wie aus einer Lust und Laune heraus Sub einfach mal eben ein Branding oberhalb ihrer Vulva setzen zu lassen. Nein, ich rede von Dingen, bei denen es mir Lust bereitet, ihr meinen Willen gegen ihren Willen aufzuzwingen. Ihren Willen, auch ihr Nein, ihr Tabu zu knicken. Sie spüren zu lassen, dass ich ihr Herr bin und sie sich zu fügen hat. Tiefer mit dem hübschen Köpfchen. Tiefer. Böse Zungen mögen das Willkür nennen, ich nenne es meine Lust leben. Und da ich mich grundsätzlich nur auf eine Beziehung mit einer Sub einlasse, die das akzeptiert, ist das Nein im Vorfeld quasi unausgesprochen ausdiskutiert. Alles andere liegt dann in meiner Verantwortung und meinem Respekt ihrer Hingabe mir gegenüber. Und die beruht im allerschönsten Fall auf Liebe, was viele Dinge wiederum für mich von selbst ausschließt. Denn gewisse Dinge tut ein Herr einfach nicht. Das einzige Nein, dass ich mehr instinktiv, denn ausgesprochen akzeptiere, ist, wenn ich spüre, dass das was ich tue, letztendlich nicht eine, wie auch immer geartete Lust in Sub auslösen würde. Denn darum geht es letztendlich – Lust leben, ausleben und um nichts mehr. Ich denke, ein halbwegs passabler Dom sollte das Händchen für die Balance haben, wann er sich über ein Nein hinwegsetzt.
Fazit – als demokratisch erwählter Diktator nutze ich meine Position, wie ich es für richtig und gut erachte. So einfach mache ich mir das.
van Bruns