Der Reiz des Unlogischen
Ich weiß nicht, ob er asexuell, sapiosexuell oder demisexuell (jedenfalls konnte ich bisher bei ihm noch keine Affinität für Demi Moore oder Demi Lovato feststellen;) oder ob er einfach nur weltfremd ist - aber Hans ist nun mal mein Bruder und immer noch fühle ich mich für den studierten Mathematiker und Physiker in lebenspraktischen Fragen verantwortlich.Wir sitzen im Spaghetti-Ristorante, wohin ich ihn entführt habe und essen dem Namen des Restaurants zum Trotz Pizza.
Mehr noch als die Pizza Margherita fesselt Hans jedoch ein Nagelstudio auf der anderen Seite der Passage, auf das er durch das Fenster freien Blick hat. Die Glasfront dort öffnet ihm Einblicke in eine zauberhafte, fremde, exotische Welt - eine Welt der Schönheit, eine Welt des Magischen, eine Welt des Faszinierenden - Einblick in die Welt des Weiblichen, fernab ob von Abstraktem und stringenten Regelwerken wie er es kennt.
Er beobachtet, wie eine Kundin mit hochgekrempelten Hosenbeinen eine Pediküre erhält. Es wird geschnitten, gefeilt, ein bisschen massiert, gesalbt, geölt, lackiert, gepustet und geschwatzt ... eine Welt in der Welt, befremdend aber zugleich beunruhigend anziehend für ihn - wenn auch aus völlig anderen Gründen als ich es für möglich gehalten hätte ...
"Das ist doch total unlogisch," meint er dazu nämlich nach einiger Zeit schlussfolgernd, "wenn die Frau wieder Socken und Schuhe anzieht, sieht man doch die Zehen überhaupt nicht mehr!?"
Ja, recht hat er, mein Bruder Hans "Mr. Spock". Nach den Gesetzen der Logik, aber nicht nach dem ungeheuren Reiz des Unlogischen ...