Mein Bedürfnis ist wichtiger als Deines
Wer das sagt, ist zuallererst ein "arroganter Egoist"! Denn keiner kann sich ein Urteil darüber erlauben, wie sehr ein anderer darunter leidet, wenn er z. B. mal nicht sofort was zu trinken bekommt. Der eine kann es lange aushalten, der andere kaum ...
Keine Frage, dass es wichtig ist, seine eigenen Bedürfnisse auch mal anzumelden. Keine Frage, dass jeder sie gerne befriedigt hätte. Du, ich, wir alle, denke ich.
Nur ist für mich persönlich die Befriedigung meiner Bedürfnisse (außer bei Essen, Trinken, Schlafen und Atmen) eher zweitrangig. Das mag aber auch daran liegen, dass ich meistens "satt" bin, dass ich im Normalfall genug bekommen kann, wenn ich will. Und das ist natürlich ein anderes Grundgefühl als bei jemandem, der ständig an einem Mangel leidet.
Trotzdem ist es, glaube ich, meine eigene Entscheidung, wie ich meine Bedürfnisse bewerte. Ein paar extreme Beispiele, um das zu verdeutlichen:
Würde heute ein Erdbeben das Haus zerstören, in dem ich wohne, wäre es mir wohl scheißegal, ob ich heute Abend Sex habe oder nicht.
Wäre ich seit acht Wochen auf eine Expedition durch die Antarktis, wäre mir vielleicht ein Tag Sonne und Wärme lieber als Sex (auf den ich dort ohnehin verzichten müsste).
Hätte ich heute einen Verkehrsunfall gehabt und meine Partnerin läge schwer verletzt in einer Klinik, vielleicht sogar mit dem Leben ringend, würde ich doch nicht denken: "Oh Gott, jetzt habe ich wieder wochenlang keinen Sex"!
Versteht Ihr? Und so kann ich meine Bedürfnisse selbst ein Stück weit regulieren und nicht immer nur das Eine denken. Egal, um was es geht, es gibt immer Wichtigeres, meine ich. Und so besehen relativiert sich die Erfüllung meiner Bedürfnisse. Ich kann auch darauf verzichten oder sie verschieben. Und statt dessen etwas anderes Tolles machen.
(Der Antaghar)