okay Scherina
aber ich halte mich kurz. Das ist nämlich so in etwa eine Frage hier deren Antwort ein oder zwei Bücher bedarf, deswegen ist das auch so theoretisch.
• Ich habe eine offene Beziehung geführt. Wir sind heute aber kein Paar mehr, das hat aber nichts mit dem öffnen zu tun. Gibt noch andere Gründe auseinander zu gehen. Ich bewege mich in einem Umfeld in dem alle möglichen Formen offener Beziehungen zu finden sind. Außerdem beschäftige ich mich sehr damit. Ich glaube ein wenig weiss ich davon.
• Der Schritt von monogam zu offen ist kein Schritt. Ist ist ein Weg, also viele Schritte. Schon dem ersten Schritt, sich dem Partner zu offenbaren, gehen innere Schritte voraus. Man muss ja erst einmal bemerken, das man etwas will, was man will, ggf. wie man es will und dann geht es erst los. Dann bespricht man das, was sehr viel Mut erfordert, und dann setzt ein langanhaltender teilweise schmerzhafter Prozess ein, der ein Tanz vor und zurück ist. Und zwar auf beiden Ebenen: Zwischen den Partnern und innerlich, denn auch die innerlichen Ansichten, Gedanken, Wünsche, Kompetenzen ändern sich ständig. Das dauert. Es ist also wirklich kein einzelner Schritt.
• was für Kompetenzen? Tja. Das ist jetzt nicht ganz leicht zu erklären. Offene Beziehungen widersprechen ja den gewöhnlichen Glaubenssätzen wie etwa: "sex und Beziehung gehören zusammen" "Einer für alles für immer" "Wenn man liebt betrügt man nicht - gemeint ist hier Betrug, denn den gibt es in der Regel vor dem outing - ein Punkt der oft vergessen wird. Mindestens ist man im Kopf fremdgegangen, was für viele schon eine Zumutung ist" "man kann nur einen Menschen lieben" und und und. Diese Glaubenssätze erscheinen ja wie Gesetze. So sind wir konstruiert, haben diese Inhalte sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen.
Wenn man eine Beziehung öffnet, muss man zumindest einige dieser Glaubenssätze in Frage stellen. Vielleicht bemerkt man hier und da, das sie gar nicht stimmen und auf jeden Fall keine Gesetze sind.
Damit verliert man innerlichen Halt. Diese Glaubenssätze haben ja die Aufgabe für stabilität zu sorgen (sie vorzugaukeln). Das fällt beim öffnen der Beziehung weg und zwar bei beiden Partnern.
Um diese Unsicherheit zu bewältigen, muss man neue Kompetenzen erlangen. aus "Sex und Beziehung gehören zusammen" muss z.B. ein: "Sex und Beziehung können zusammen gehören aber wenn meine Partnerin/Partner so wie gerade jetzt mit xy vögelt, dann ist das noch lange keine Beziehung." - werden. Das ist nur ein Beispiel. Man braucht neue Matritzen, an deren Gültigkeit man sich orientieren kann.
Im Kern ist es immer das Gleiche. Man muss die Grenzen neu definieren. Man muss akzeptieren, dass der Andere der Andere und man selbst man selbst ist und das was der jeweils andere tut nicht zwingend mit einem selbst zusammen hängt, sondern an ihm. Und man muss begreifen, dass das gut ist und nützlich ist für einen selbst, denn sonst macht man das nicht. Das ist eine enorme Kompetenz.
Je nachdem wie sehr man die Beziehung öffnet, braucht man davon mehr oder weniger Viel. Das macht man nicht mal einfach so nebenbei.
Neulich habe ich mich mit einer guten Freundin darüber unterhalten und sie hat gesagt: Ich habe das Gefühl, mein ganzes Gehirn wird umgebaut. - und das stimmt. Das ist auch so.
Es gibt noch eine Kompetenz die sich entwickeln muss: Die Kompetenz diesen Weg der Öffnung zu gehen. Fällt ja nicht vom Himmel das zu können. Also wie macht man das. Das muss man lernen zu können und da es ein langer weg ist muss man da eine Menge Kompetenz entwickeln.
So, das muss jetzt mal reichen...