moderne Perspektiven
Es ist immer leicht mit eines anderen Gesäß' durchs Feuer zu reiten.
Zur Einstellung gegenüber der Vasektomie gehört ein kleiner Blick auf ihre Geschichte.
Etwa vor einem Vierteljahrhundert war die OP in einer deutschen Großstadt gar nicht so einfach zu erreichen. Viele Ärzte stellten, auch aus Sorge vor späteren Beschwerden ihrer Patienten, Kriterien für das Mindestalter und die bereits gezeugte Kinderzahl auf...
Der einzige vor Ort, der es einfacher handhabte, selbst Sohn eines KZ-Arztes, hat damals Scharen von Patienten mit unsaubererer Arbeit chronisch wiederkehrende Reizungen bzw. Entzündungen beschert.
Wem sind Friedrich Wolfs 'Cyankali' und die §218-Kampagne Anfang der '70er heute bei der Reflektion des Themas Verhütung geläufig im Bewusstsein?
Das Elend unerwünschter Schwangerschaft, resultierend beklemmender Sexualität, prekärer Lebensverhältnisse für Kinder und Eltern usf. sind schon deshalb wesentliche Aspekte bei der Frage nach der Finanzierung,
weil das sexuelle Klima meiner (bildungs-)ärmeren Nachbarn eben auch die Stimmung und Freiheitlichkeit beeinflusst, in der ich im Alltag meine Beziehungen lebe.
Andersrum: Die Repression und Steuerung der Verhütung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterdrückung von Frauen, und die ist eben noch nicht vorbei. Die Verpflichtung zur Kostenübernahme durch Krankenkassen wäre zuverlässig nicht mit Kostensteigerung, wohl jedoch mit einer Verbesserung des Lebensklimas verbunden. (Hat jemand den aktuellen Vergleich mit anderen Staaten parat?)
Das die Historie unverändert Einfluss auf die persönliche Einstellung von Kerlen zur Vasektomie hat, schlägt sich auch in diesem Thread nieder.
Es trägt zum Gedächtnisverlust der Gesellschaft bei, wenn eine meinungsbildende Bevölkerungsgruppe das Thema für sich léger betrachten kann und sich ein Lebensgefühl leisten möchte, das ohne historischen Kontext auskommt. Maßgeblich sollte das nicht sein.