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Narben

*****e68 Frau
276 Beiträge
Themenersteller 
Narben
(Das folgende Kurzessay, das ich vor ca. 15 Jahren verfasst habe, habe ich wieder hervor gekramt, weil ich mich daran erinnerte, als ich vor einigen Wochen im Thread "Kann man ein gebrochenes Herz heilen?" las. Dass es mich so schnell selbst wieder betreffen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hoffe, es gefällt, oder aber - was mir eigentlich lieber wäre - es regt zum Nachdenken an. Im Lauf der Jahre habe ich es einigen Menschen zur Lektüre gegeben, und nicht selten wurde mir versichert, dass beim Lesen Tränen gefallen waren. Fragt mich nicht, wieso ich jetzt hier so einer "breiten Masse" zu lesen gebe. Vielleicht brauch ich gerade einfach ein wenig Bestätigung *zwinker*)


Wie lange dauert es eigentlich, bis ein zerrissenes Herz anfängt abzuheilen? Ich wünschte, ich wüsste die Antwort auf diese und ähnliche Fragen. Allein mit diesem Wissen könnte ich wohl ein Vermögen machen. Aber ich werde aller Voraussicht nach arm bleiben. Und woher kommt dieser Schmerz, der sich von Zeit zu Zeit breit macht in Brust und Bauch, und der sich anfühlt wie ein Messer, welches mit penibler Sorgfalt immer und immer wieder im wunden Fleisch lustvoll herumgedreht wird. Und jedes Mal ein bisschen tiefer eindringt. Die Wunde selbst ist nicht zu sehen, aber man weiß genau, dass sie da ist. Und irgendwann, ganz plötzlich wie aus heiterem Himmel, bemerkt man, dass der Schmerz weg ist. Aber die Narbe spürt man noch sehr genau. Wie im richtigen Leben zieht und zwackt es immer wieder, und man wird daran erinnert, dass dort mal der Schmerz zuhause war. Und dieser Schmerz lässt einen mit Gewissheit sagen, dass man noch am Leben ist. Mit der Zeit werden es allerdings immer mehr Narben, und der Anteil an Unversehrtheit schwindet zusehends. So ähnlich wurde mir in einem Liedtext erzählt. Stellt sich die Frage, was wohl passiert, wenn schließlich alles vernarbt ist. Was kommt dann? Ach, hätte ich doch auch nur darauf eine Antwort.



Manchmal ist es wirklich anstrengend, darüber nachzudenken, was das Leben noch alles für einen bereit halten mag. Einerseits ist es gut, dass man so viele Dinge im Vorfeld nicht weiß. Andererseits würde man vielleicht vieles vermeiden, von dem man weiß oder ahnt, dass es Schmerzen bereiten wird. Aber würde man sich nicht damit automatisch auch des Schönen selbst berauben? Man muss wohl abwägen, wieviel man vertragen kann, wieviel Last die eigenen Schultern zu tragen vermögen. Die Frage ist nur, inwieweit man das beurteilen kann im Wahn, der dem Messerschnitt vorausgeht. Wiegt das Schöne den Schmerz am Ende völlig auf? Oder gerät das Schöne über die Trauer gar in Vergessenheit? Nein, das wohl nicht, allerdings wirft der Rückblick einen zarten Schleier des Unwirklichen darüber. Ist das wirklich einmal so gewesen? Viel zu schnell schwindet die Erinnerung an ein Gefühl, eine Berührung. Meist ist es ein vertrauter, zärtlicher Blick, aber vielfach auch ein Blick zurück im Zorn. Zorn darüber, weil einem das liebste Spielzeug genommen wurde. Weil der eigene Wert scheinbar missachtet wurde. Weil man vergessen wird. Weil man links liegen gelassen wird. Weil man mit dem entzauberten Zauber allein gelassen wird. Weil man ersetzbar geworden ist. Oder zumindest so nicht mehr gebraucht wird. Und das ist wohl der größte Schmerz. War man vorher der wichtigste Mensch oder zumindest auf der Säule der wichtigsten Menschen recht weit oben angesiedelt, so sieht man sich nun degradiert. Verrückt auf eine andere Säule, nämlich die mit den anderen Menschen, die ebenfalls irgendwann degradiert wurden. Schaut man sich um, erkennt man, dass man in die Masse geschoben wurde. Dabei möchte doch jeder von uns einzigartig, etwas Besonderes sein. Und nun steht man mit leeren Händen da, einfach verschoben, zur Passivität verdammt. Am liebsten würde man sich aus der Masse befreien und losschreien, dass man hier nicht bleiben möchte. Aber wie war das noch mit dem Spatz in der Hand?



Und plötzlich ist dieses Gefühl weg. Einfach weg. Es ist schon sehr seltsam, mit einem Mal festzustellen, dass der andere auch ersetzbar ist und ebenso in die Masse geschoben werden kann. Und damit ist der Blickwinkel ein anderer. Der Blick zurück im Zorn (oder auch in Trauer) weicht einem gnädigeren Blick. Gnädiger, aber auch von wesentlich weiter entfernt. Und langsam dünnt auch der Grauschleier aus. Alles wird wieder klarer, die Ziele werden neu definiert. Wo auch immer diese liegen mögen, sie liegen nicht nah bei den alten Zielen. Und wieder einmal ist der Zeitpunkt des Entliebens unmerklich gekommen. Ich werde wohl wirklich arm bleiben, weil ich mal wieder nicht sagen kann, wann warum und wie genau das Gefühl plötzlich verschwand. Aber schon wieder ist da eine Narbe mehr, die es zu pflegen gilt. Gute Pflege ist wichtig, damit die verheilte Wunde nicht zieht und zwackt, die Narbe geschmeidig bleibt und einen nicht lähmt in den neuen Aktivitäten. Wie Falten sind Narben wohl Zeichen eines bewegten Lebens. Und wenn ich es mir recht überlege, sollte man ja fast dankbar sein für Narben. Lieber so als falten- und narbenfrei ein langweiliges Leben gelebt zu haben.



Wenn die Schnitte und Wunden nur nicht immer so tief wären…
Wenn die Schnitte und Wunden nur nicht immer so tief wären…

sind sie so tief, dass man in ihre ritzen worte schreiben kann, ist es ein gewinn.
und dieser text ist ein gewinn.

es wird ein system beschrieben, und das in klaren worten. ob man das für sich annehmen mag, steht auf anderem blatt, aber so wie es da steht, macht es sinn und ist belegt.
merci.
Es bewegt schon sehr, was Du schreibst. Aber lasse mich meine Gefühle zu dem sagen, was vermutlich alle kennen.
Wollen wir überhaupt, dass alle Narben heilen? Genießen wir nicht auch die Erinnerungen? Es waren doch viele schöne Stunden! Meine erste Liebe - Ilona - die mich verließ, weil da einer war, der mit 18 für mich 15 unerreichbar erwachsen war.
Patricia, die ich betrogen habe, was ich mir nie verziehen habe. Und Margit... Ich möchte keine Erinnerung missen und genieße die kleinen Ritzer in meiner Seele.
Ich habe jede geliebt, keine benutzt und mein Herz war immer dabei! Es ist doch auch schön, solche Erinnerungen haben zu dürfen.
Wer sein Herz außen vor läst, spürt den Schmerz nicht! Aber der erinnert sich auch nicht an das Schöne, die Namen, die Schönheit, den Geruch und die Stimme der geliebten Menschen! Alle sind in meinem Herzen geblieben, alle haben Narben hinterlassen und keine möchte ich missen.
So gesehen ist jede Wunde ein Mal, was uns reicher macht.
Micha
***oo Mann
168 Beiträge
Die Zeit heilt alle Wunden?
Das hat sich gut gelesen. Gut formuliert. Viele haben Angst vor den Verletzungen, vor neuen tiefen Einschnitten. Während des Heilungsprozesses, dem Öffnen der Augen wieder in die Welt, ist es sicherlich schwierig, aber um zu Lieben muss man sich auch auf das Risiko einlassen. Wobei ich eine unerfüllte Liebe nicht verletzt. Eher wenn mit der Liebe gespielt wurde oder nicht dieselbe Tiefe erreicht hat.
in unserem leben verläuft alles in wellen. fluktuationen, gezeiten. bis auf wenige ausnahmen haben wir das vorgehen (oder vergehen) bis zu einem gewissen grad in der hand. der "gewisse grad" ist ein faktor der emotionalen abhängigkeit.

was du beschreibst, fällt der kategorie wahn zu. im netz kursiert dieser spruch:
>mach keinen zur hauptperson, der dich als nebenperson sieht<. das ist ein guter rat, wenn man aber verliebt ist, kann er nur dem scheine nach befolgt werden. während das über-ich zu contenance und strategischen handlungen aufruft, japst der rest in einem nach gegenwart des geliebten menschen. die dynamik des verliebens macht eine große klammer auf, innerhalb derer die daten und vorzeichen nach ihren eigenen gesetzen verrechnet werden. erst wenn die klammer zu ist, dieses entlieben beginnt, hat man den hergang wieder klar vor sich.

deshalb gefällt mir die passage mit dem gnädigen blick sehr gut. etwa den, mit dem man einen traum betrachtet, aus dem man erwachte; je länger er her ist, desto mehr vergisst man die details oder die zusammenhänge, die ihn zum emotionalen sturm hatten werden lassen.

ich sehe das aber so, dass ich nicht verloren habe, durch die verluste. nicht an unversehrtheit, nicht an geschmeidigkeit. wenn ich auch genau weiß, dass es sich wie eine wunde anfühlt (bisweilen eine gräßliche, die alles verschattet), mag ich das sprachbild der narbe nicht. narben werden von außen zugeführt, für die zeichnung auf unserer seelenhaut sind wir in teilen selbst verantwortlich.
deshalb - obschon ich echte tattoos nicht mag - spreche ich da lieber von seelentattoos. denn ich bestimme selbst, ob ich einen stürzenden adler, eine blutende rose, eine schweifende feder oder ein wackeres schwert auf der haut trage. ich, ob ich schwarz oder bunt zeichne.
der dunkelste verlust meines lebens ist mein diamant. so hell, wie er strahlt, strahlte kein äußerer schmuck. dass ich einmal so lieben konnte (und noch kann, aber stiller), wie es damals am zenith meiner seelenlage geschah, macht mich strahlend. denn das, was in mir geschah, kann nicht verloren werden, es ist meine kraft, meine hingabe, meine sehnsucht. ich habe meine eigene tiefe und schönheit kennen gelernt.

ich betrachte die trauer als den wichtigsten punkt daran. ohne sie, ohne diese rekonvaleszenz, werden tatsächlich narben verhärtet. steht man sie durch, kann sie sehr bereichern, heilen, ganz machen.
******ond:
wie es damals am zenith meiner seelenlage geschah, macht mich strahlend. denn das, was in mir geschah, kann nicht verloren werden, es ist meine kraft, meine hingabe, meine sehnsucht. ich habe meine eigene tiefe und schönheit kennen gelernt.

ich betrachte die trauer als den wichtigsten punkt daran. ohne sie, ohne diese rekonvaleszenz, werden tatsächlich narben verhärtet. steht man sie durch, kann sie sehr bereichern, heilen, ganz machen.

Narbenpflege, wie sie wundervoller nicht beschrieben werden kann

*****e68:
Aber würde man sich nicht damit automatisch auch des Schönen selbst berauben?
und dadurch seine inneren Wege beschneiden *liebguck*
Narben
deinen Text finde ich klasse formuliert und ich habe ihn mit großem Interesse gelesen. Ich war schnell neugierig, da ich letztens noch zu Jemandem schrieb; Wir haben doch alle schon Narben davon getragen - sowohl Innere, wie auch Äußere.
Deine beschriebene Sichtweise kann ich sehr gut nachvollziehen!
Wie schön auch dein Resümee, dass wir ohne das Erlebte auch die schönen Dinge missen würden. Und ich denke auch, solange wir selbst authentisch DA-BEI waren, verlieren wir nichts, sondern gewinnen etwas.
Vielen Dank für deine anregenden Worte,
mit lieben Grüßen für einen schönen Abend *top*
Immer wenn ich
Narben höre oder lese,
muss ich an "Masse und Macht" von Elias Canetti denken:

http://www.sezession.de/wp-c … /2013/04/Sez48_Lichtmesz.pdf

Er beschreibt dort wie aus Narben
der Drang zur Weitergabe entstehen kann,
wie der dann abgeschossene Pfeil
die Narben im Schützen betroffen sind,
während das Ziel Narben erwartet.

Und, wer wäre nicht ein wenig vernarbt?

*sonne*
Julius
*********iams Paar
2.141 Beiträge
es bedarf keiner grossen erklärungen
dein essay kann jeder nachvollziehen und hat jeder mehr oder weniger auch sicherlich selbst durchgestanden

danke für diesen guten beitrag *top*
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