Wenn mich die Person interessiert und ich ich mich in einem guten Kontakt mit ihr befinde, pflege ich nachzufragen, was hinter der geänderten Meinung oder Auffasssung steckt, bzw. was diese ausgelöst hat und welche Konsequenzen das für ihren Lebensvollzug hat, bzw. soweit zutreffend, was das ihrer Meinung nach für Konsequenzen in unserem speziellen Austausch hat oder haben sollte. In Abhängigkeit von der Antwort und der Wichtigkeit, die ich selbst dem jeweils in Frage stehenden Phänomen zuweise oder die es in der speziellen Konstellation der Beziehung für mich hat, folgt daraus die weitere Entwicklung der Beziehung im Sinne von weiter wie bisher, mehr Nähe oder auch mehr Distanz, bis hin zum Rückzug oder tatsächlich Abbruch der Beziehung. Oder auch Aushandeln von Bedingungen, unter denen die veränderte Lage für beide okay ist und mitgetragen wird, oder mal probeweise ausprobiert wird, mit anschließender gemeinsamer Reflexion.
Nur in dieser allgemeinen Formulierung kann ich die Frage der TE beantworten. Alles weitere ist Einzelfall bezogen und "kommt drauf an". Je ernsthafter und verbindlicher die Beziehung zwischen mir und der anderen Person ist, desto mehr bin ich bereit, in die Beziehungsarbeit zu investieren. Wichtig finde ich dabei jedenfalls immer, nichts übers Knie zu brechen und auch sehr genau auf meine eigenen Reaktionen zu schauen. Womit fühle ich mich wohl, womit nicht. Was bräuchte ich im Hinblick auf die jeweilige Frage bzw. die veränderte Einstellung dazu bei meinem Gegenüber, um mich wohl zu fühlen? Was löst es bei mir aus? Kann ich damit leben? Will ich es? Wozu? Weshalb? Was macht das mit mir? Empfinde ich es als Zumutung? Einschränkung? Verletzung? Herabsetzung? Missachtung meiner Person? Erweiterung meines Handlungsspielraumes? Wachstumschance? Unerwartete Erfüllung geheimgehaltener Wunschvorstellungen und Sehnsüchte? Riskantes Vabanquespiel? Affront? Rüttelt es an den Grundfesten meiner Person? Oder der seitherigen Beziehung zwischen mir und der anderen Person? Sind außer mir noch weitere Personen von der veränderten Einstellung betroffen, für die ich Verantwortung habe? Was für Phantasien habe ich darüber, wie sich die veränderte Einstellung auf diese Personen auswirken oder bei ihnen auslösen würde?
All diese und noch viele weitere Fragen sind, wie bereits gesagt, nur jeweils einzelfallbezogen zu beantworten und zu bewerten.
Und manche Veränderungen, mit denen man von außen konfrontiert wird, mag man wohl auch ganz unterschiedlich in unterschiedlichen Lebensphasen empfinden, jedenfalls ist das meine persönliche Erkenntnis aus der Perspektive meiner inzwischen 65jährigen Lebenserfahrung. Spannend ist es allemal, sich auch unter diesem Aspekt selbst zu beobachten und Entwicklungslinien zu entdecken!
Die Entscheidung darüber, inwieweit ich gegebenenfalls eigene Grenzen aufzuheben oder probeweise zu erweitern bereit bin, ob ein Kompromiß in Frage kommt oder ein "point of no return" erreicht ist, muß ich jeweils selbst treffen und daraus die für mich möglichen Handlungskonsequenzen erarbeiten. Und Verantwortung dafür übernehmen.
Es hilft dabei sehr, wenn man gelernt hat, differenziert seine Befindlichkeiten und Gefühle wahrzunehmen und sie auch auszudrücken.
Tantrissima