Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
BDSM DIY (Do-It-Yourself)
1099 Mitglieder
zur Gruppe
Parkplatztreffs
13525 Mitglieder
zum Thema
Stolz sein - Worauf bist du besonders stolz?60
Stolz sein - worauf bist du am meisten stolz? "Ich bin stolz auf mich…
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Stolz

**********al_nw Frau
776 Beiträge
Themenersteller 
Huch ... :-)
Das ist aber viel Text. Ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, alles zu lesen. Sorry. Später oder morgen oder so. ...

lg

MM
*******pain Paar
389 Beiträge
Keck und kühn
Das ist aber viel Text.

Differenzierte Gedanken wie etwa die von Hanno_Mec lassen sich oftmals nicht in einer Zeile unterbringen.

Das unbedachte, am Alltäglichen und Gewohnten orientierte Sprechen ist sich oft nicht der verborgenen Geschichte bewusst, die in seinen Worten schwingt. Ansonsten schiene ihm ein Satz wie:

"Ich bin stolz auf dich!"

völlig unmöglich und daneben.

Stolz gebrauchen wir auf zwei Weisen, die in den bisherigen Äusserungen schon zur Sprache kamen. Ich will den Unterschied noch einmal hervorheben:

a) stolz sein

und b) stolz auf jemanden sein

Stolz im Sinne von a) – also etwa, wenn ich sage, ich sei stolz, bedeutet "keck" oder "kühn" und wurde früher Herren in höfischen Kreisen zugeschrieben. Stolz ist man also nicht, weil man etwas geleistet hat, sondern umgekehrt: man hat auf Grund der eigenen Kühnheit etwas vollbracht, was ohne Kühnheit, ohne Stolz, nicht möglich gewesen wäre.

Die heutige Umdeutung – man kann erst stolz sein, wenn man etwas geleistet hat – resultiert aus der Emanzipation des Bürgertums gegenüber dem Adel vor zweihundert Jahren, das adlige Attribute wie etwa Stolz eben sich erarbeiten musste. Dies markiert den Beginn der Leistungsgesellschaft, die wir derzeit in vollen Zügen geniessen.

"Stolz sein" heisst also, durch Anstrengung und Leistung sich zu jemandem gemacht zu haben, der von anderen geachtet werden kann. Im Stolz schwingt der ehemalige Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem Edelmann, der kraft Gnade seiner Geburt von vornherein "stolz", keck und kühn war. "Stolz sein" heisst, sich erst dann als achtenswerte Person zu fühlen, wenn man etwas geleistet hat.

Stolz auf jemanden sein wurde ursprünglich im Sinne von "mit Stolz auf jemanden herabsehen" gebraucht. Daher die ansonsten unverständliche Präposition "auf". Wenn ich stolz auf jemanden bin, meint dies, dass er, der weit unter mir steht, mir wieder einmal mehr zu Bewusstsein führt, wie "stolz" ich bin, also keck und kühn, adlig, gesellschaftlich über ihm stehend.

Mit unseren heutigen Massstäben betrachtet wäre die Aussage "Ich bin stolz auf dich" also nur als grenzenlose Arroganz zu beurteilen. Und so sehe ich den bürgerlichen Vater um 1880, der kraft seiner Autorität seinen Sohn zu allen möglichen Dingen zwang, die diesem gegen seine Natur gingen, und wenn dieser sich schliesslich der väterlichen Autorität gebeugt und entsprechende Leistung gezeigt hatte, klopfte ihm der Vater auf die Schulter und sagte: "Mein Sohn, ich bin stolz auf dich!". Das führte zu den Traumata, aus deren Heilversuchen später die Psychoanalyse erwuchs.

Den Gipfel der Perversion erreicht das Wort "Stolz" wenig später in der Rede vom "stolzen Vaterland". Viel unterwürfiger kann ein Mensch in seinem Sprechen sich nicht mehr gebärden.

Wenn wir uns also auch nur ein bisschen Sensibilität vor unserer Sprache bewahrt haben, werden wir den Satz "Ich bin stolz auf dich!" aus unserem Wortschatz tilgen.

Ist man nicht auf einen anderen Menschen, sondern auf ein Werk stolz, das man vollbracht hat, zieht man seinen "Stolz" aus dem Werk. Indem man etwas vollbracht hat, das anderen Menschen nicht so leicht von der Hand geht, hebt man sich – wie einst der Adel – von diesen ab und ist "stolz". Wieder finden wir das Moment von Überheblichkeit und Abgrenzung von anderen, wieder finden wir unsere Zufriedenheit nicht in uns selbst, sondern im Vergleich mit anderen, über die wir uns erheben.

Gleich, wie naiv wir uns als Sprecher gebärden: Sprache ist sedimentierte Geschichte. Auch im harmlos-unbedacht gemeinten "Ich bin stolz auf dich!" des Doms zur Sub schwingen alte gesellschaftliche Unterdrückungsverhältnisse mit. Dabei stellt unsere Sprache uns 'zig andere, positiver besetzte Ausdrucksmittel zur Verfügung, mit denen wir unsere Freude Ausdruck verleihen können, dass Sub die zwanzig Hiebe ohne Klagen durch gestanden hat.

Den einzig legitimen Gebrauch des Satzes "Ich bin stolz auf dich!" schiene mir die Dom-Sub-Inszenierung als erotisches Spiel zu sein, die eben aus dem Spiel mit alten Herrschaftsverhältnissen ihren Kick gewinnt.

stephenson
art_of_pain
danke
wunderbar erklärt *blume*

ab jetzt streiche ich diesen satz,
der mir manchesmal bei meinen kindern "herausrutscht" *ja*
Kompliment
... @ Stephenson,
Du hast gut erklärt, warum es da so scheinbar ganz unterschiedliche Facetten um das eine Wort gibt.
Auf einer Seite zum Beispiel
• den höchst problematischen Stolz auf andere, vor allem der Eltern auf Leistungen Ihrer Kinder, der psychisch so oft mit Vereinnahmung zu tun hat, also Zeichen von Ich-Schwäche ist,
und
• den äußerst freiheitsbewussten und autarken Stolz (nach deinem Beitrag nennen wir ihn den adeligen Stolz, richtig), der so etwas wie selbstverständlich gelebtes Selbsewusstsein ist, also Zeichen von Ich-Stärke.

Im Stärke-Schwäche zeigt sich der eingangs hinterfragte Kontext von BDSM als naheliegend, in der Alltagsverwendung des Begriffs (ich bin stolz/oder nicht, ein Deuitscher zu sein; wir sind stolz, dass wir nun Pabst/Weltmeister sind) jedoch dessen Problematik.
HM
Kiss me, Kate
Stephenson (art_of_pain) hat meistens recht mit dem, was er schreibt. Diesmal hat er uns aufgeklärt, warum es sich moralisch nicht schickt, "stolz auf jemanden zu sein".

Es gibt aber auch den Stolz, der uns manchmal im Weg zu stehen scheint, den der Kate von Shakespeare. Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Der Geliebte möchte, dass ich auf die Knie sinke, aber er sagt es (bewusst) nicht, er wartet. Die Spannung wächst ins Unermessliche. Ich fange eher an zu weinen, als dass ich ihm den simplen Gefallen erweise (ich habe schon erfasst, was er von mir will). Weil gerade irgendetwas klemmt in mir. Heucheln und Lügen erschienen mir die schlimmeren Sünden, als sich unausgesprochenen Befehlen zu widersetzen. Auch das ist eine Facette meines Stolzes. Dass ich wahrhaftig sein möchte.

Diese inneren Kämpfe möchte ich nicht missen. Sie sind Teil meiner Erotik, Teil meines Liebeslebens.
**********al_nw Frau
776 Beiträge
Themenersteller 
Mit Stolz ...
... geschwelltem Brüstchen *ggg* kann auch ich nun verkünden, dass ich – obwohl glühende Verehrerin von Einzeilern – nun alle Texte gelesen habe ... [Gestern wollte ich nur KURZ darauf hinweisen, dass es zwar ‚kein richtiges Leben im falschen gibt’, aber doch eines über den Club hinaus ...]

Zunächst vielen Dank für Eure Statements!!!! Wenn Ihr mich sehen könntet, sähet Ihr – wieder einmal – Stirnrunzeln ...

Ich glaube kaum, dass es mir gelingen wird, auf alles einzugehen und ich habe ein kleines Problem damit, dass wir hier womöglich zuuuuuuu historisch werden könnten. Lt. Lexikon kommt das Wort „Stolz“ vom lateinischen „stultitia“ = Torheit. Das oder etwa die Verwendung in der Theologie ließe ja womöglich noch ganz andere historische Interpretationen zu. (Ich muss allerdings gestehen, dass ich mich damit nie beschäftigt habe.)

Wenn ich (historisch) zunächst mal @*******pain folge, dann hat das Wort Stolz mit dem Bürgertum einen entscheidenden Sinneswandel erfahren.

zu a) stolz sein
• in der Adelsgesellschaft quasi durch Geburt (ohne eigenes Zutun)
• im Bürgertum durch eigene Leistung.

Nun leben wir ja aber immer noch, zumindest in Teilen, in einer bürgerlichen Gesellschaft, und Sprache an sich und die mit Wörtern verbundenen Wertungen sind nicht statisch. Wenn ich mir beispielsweise ansehe, wie „Frau-Sein“ oder auch „Sex“ zu Beginn des Bürgertums definiert und benutzt wurden, möchte ich im Gebrauch trotzdem oder gerade deswegen nicht auf diese (historische) Begrifflichkeit und die damit verbundenen Wertungen zurückgeworfen werden.

Auf eine Art bin ich also Bürgerin, die Werke vollbracht hat, die ihr nicht in die Wiege gelegt waren und die also eine Leistung vollbracht hat und daher einen gewissen Stolz empfindet.
Stellt mich das automatisch auf eine Stufe mit einem schnöseligen Adeligen des 18. Jahrhunderts? Nö. (Nebenbei bemerkt @******Mec: Auch adelige Persönlichkeiten sind nicht „autark“.) Mit einem Kapitalisten/Bürger, der die Parole „Haste was, dann biste was!“ verinnerlicht hat? Nö.
Meine Kriterien für Leistung können ja andere sein, als die gesellschaftlich vorgegebenen. (Ich bin zum Beispiel nicht reich ... *ggg*) Mein „Keck- und Kühn-Sein“ ist AUCH abhängig von meinem Wertesystem, das nicht in allem mit den gesellschaftlich vorgegebenen Normen konform geht. Macht mein Stolz mich automatisch zu einer arroganten Zicke? Nö. Nicht, dass ich wüsste, obwohl ich bestimmt auch schon mal arrogant sein kann. (Und das, obwohl ich keine Ahnung habe, wo dieses Wort nun wieder herkommt.) Für mich ist Abgrenzung auch nicht per se schlecht, Überheblichkeit wäre es schon eher ...

Mein Stolz ist eher Ausdruck einer Zufriedenheit mit mir und meinem Selbstbewusstsein.

Bevor man das „Stolz-Sein“ also vorschnell ad acta legt, müsste man sich evtl. über Werte oder Leistungskriterien unterhalten.

Wären wir damit schon wieder beim bdsm oder bei Sexualität im Allgemeinen? ? Ich weiß es nicht.

zu b) stolz sein auf jemanden
– benutzt vorrangig im Erziehungsverhältnis ...

Und so sehe ich den bürgerlichen Vater um 1880, der kraft seiner Autorität seinen Sohn zu allen möglichen Dingen zwang, die diesem gegen seine Natur gingen, und wenn dieser sich schliesslich der väterlichen Autorität gebeugt und entsprechende Leistung gezeigt hatte, klopfte ihm der Vater auf die Schulter und sagte: "Mein Sohn, ich bin stolz auf dich!".

Nun soll sich ja auch die Erziehung gewandelt haben ... (Nebenbei bemerkt ist die Psychoanalyse m.W. bestimmt nicht wegen bürgerlicher Traumata entstanden, aber das ist hier nicht Thema.)

Ich sehe zwar (leider) viele absolut Furcht erregende Eltern, aber ich sehe auch andere: diejenigen, die ihre Kinder lieben und deren Liebe sich u.a. darin ausdrückt, dass sie ihren Kindern möglichst viele Räume und Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen und sie nicht nur in vorgegebene Normen pressen möchten.
Nun ist die Liebe zu unseren Kindern in dem Sinne – ebenso wie die Pädagogik - auch erst mit dem Bürgertum entstanden, aber auch sie ist deshalb m.E. nicht per se schlecht. ... Wir sind alle Kinder unserer Zeit.
Ich habe meinem Sohn noch nie GESAGT, dass ich stolz auf ihn bin, ich EMPFINDE es nur manchmal so. Für mich hat dieses Gefühl mit einer ganz besonderen Be-Rührung zu tun und damit, dass ICH (obwohl klein in der Welt, letztlich absolut marginal etc.) auch wunderbare Spuren in seiner Seele hinterlasse. (Ich werde dort wohl auch negative Spuren hinterlassen, das erfüllt mich nicht mit Stolz, das nehme ich mal als menschlich hin.)
Im Verhältnis zu Freunden, Partnern, also zu anderen Erwachsenen kenne ich eine solche Empfindung nicht (im Gegensatz zu @****ie), obwohl ich im Zusammensein mit ihnen natürlich auch etwas bewirke.

Hier kann ich also @*******pain gut folgen und die Formulierung „Ich bin stolz auf dich!“ aus meinem aktiven Wortschatz sofort streichen – mein Gefühl wird dann irgendwann folgen, hoffe ich mal.


____________

Hm. Wo sind wir jetzt?

Ich komme nochmal auf @*******ain zurück:

Der Stolz ist in BDSM-Beziehungen wichtig, weil es bedeutsam ist, wenn er durchbrochen wird.
...
Aber der Partner, der kennt die Tretminen, die mich ausrasten lassen. Und er liebt meine Weichheit, wenn er mich eingefangen, meinen Stolz wissend gezähmt hat.

Stolz ist brüsk und provokativ. Das Gegenstück muss ihn aushalten können. Mit ihm umgehen können.

Die Wortwahl „durchbrechen“ ist mir persönlich zu hart. Ich denke da eher an ein ‚elastisches Material’. *g* Ja. Stolz ist brüsk und provokativ. Und er bedarf eines passenden Gegenübers. Ebenso wie ich das Spiel mit meiner Scham liebe, liebe ich das Spiel mit meinem Stolz. Das ist etwas, was mich und meine Grenzen bewegt und anregt, und auch deshalb, aber nicht nur deshalb möchte ich nie schamlos oder ohne Stolz sein. Auch für mich hat das etwas mit „zähmen“ zu tun und mit Momenten, in denen ich auf wunderbare Weise meine „Ruhe“/meinen „Frieden“ finden kann und möchte.

So weit erstmal, einen lieben Gruß an die Mitschreibenden und Mitdenkenden

MM

PS: Wenn mir irgendjemand (!!) im Netz schreibt, er sei stolz auf mich wegen irgendetwas ... – entlockt mir das ein Lächeln, arrogant, wie ich bin ...
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.