*******ife:
Die Ausgangsfragen, die zum Austausch in den Raum geworfen wurden :
Ist es okay, als Frau, bekennender Almöhi (Einsiedler) zu sein?
Darf ich als Frau trotzdem glücklich sein?
Mehr selbstverliebt als der ewigen Liebe hinterherjagend?
und:
Ist es wirklich so schwer vorstellbar, mal nicht zielgesteuert durchs Leben zu turnen?
Muss ich zwangsläufig emanzipiert durchs Leben wetzen oder brav das richtige Körbchen ansteuern?
Oder darf ich als Frau auch einfach mal sein?
Meine kurzen Antworten darauf:
Alle Fragen dürfen ruhigen Gewissens mit beantwortet werden.
*******ife:
Selbst gewähltes Single-Sein ist doch heutzutage nichts 'unnormales' mehr und es ist auch keine ansteckende Krankheit und sonst irgendwie bemittleidenswert.
Mein Leben ist ausgefüllt (auch an Sex mangelt es nicht) und ich habe viel Spaß.
Ich rechtfertige mich anderen Menschen gegenüber schon lange nicht mehr für die Entscheidungen im meinem Leben und für meinen Lebensstil.
In diesem Sinne ...... Mädels, schnallt die Titten hoch und habt Spaß!
Unterschreibe ich. Ohne Frage. Heutzutage darf und mache ich, wie und was ich will. Aber ich schaue auch, ob ich dabei wirklich glücklich(er) bin. Mit deutlichen Fragen.
Der erste Abschnitt bezog sich konkret auf das Unverständnis, weshalb ich im JC überhaupt unterwegs bin. Weil es für einige Herren nicht nachvollziehbar ist, sich hier treiben zu lassen ohne genau klassifiziertes Ziel.
Meist wird recht schnell mein Beziehungsstatus angesprochen. Wenn ich sage: "Ja, richtig. Besetzt.", dann kann ich die Standardvermutungen schon voraussagen:
1. Ah, eine offene Beziehung.
2. Ah, also heimlich.
Wenn ich dann sage: "Nö Du. Ich pflege nur ein paar Kontakte, komme ganz gern mit Leuten ins Gespräch und genau betrachtet weiß ich es gar nicht so recht. Mit meiner Beziehung ist alles richtig und gut." - dann ist der Teufel los.
Die Kommentare reichen von "Willst Du mich verarschen? bis hin zu "Du verarschst Dich doch nur selbst."
Das hat mich vermuten lassen, dass es doch verbreitet recht üblich ist, das klare Ziel zu haben, am Besten die nächsten 100 Jahre fest zu planen. Entweder in die eine oder in die andere Richtung. Singlefrau oder Gattin. Wenn ich die - durchaus spannenden Kommentare - auch hier in diesem Thema so lese, dann finde ich jede Menge Lösungsvorschläge, Befürworter des Singledaseins, hobbypsychologische Kriseninterventionen, Mutmacher und Mutmaßungen. Dabei will ich weder etwas lösen noch bin ich bekennender Single oder möchte unter die Haube.
*******ife:
Ich selbst 'suche' nichts und niemanden mehr. Gleichzeitig schließe ich aber auch nicht aus, dass mir vielleicht nochmal 'die große Liebe' begegnet.
Genau.
Ich habe festgestellt, dass ich mich im Moment, in der Gegenwart ganz gut aufgehoben fühle. In meinen vier Wänden, so wie es ist. Selbstverliebt deshalb, weil es mir im Traume nicht einfallen würde, einem Mann zuliebe das jetzt aufzugeben. Ich habe noch nicht einmal das Bedürfnis, darüber nachzudenken. Es ist gut. Punkt.
Trotzdem habe ich auch bemerkt, dass es in mir einen Teil gibt, der will Stabilität. Der hat gar keinen Bock, sich von mir erklären zu lassen, ruhig mal nicht über die Zukunft nachzudenken.
Naja, und in diesem Zusammenhang fiel mir eben auf, dass er damit ganz gut zu dem passt, was ich hier recht oft erlebe. Die Fragerei nach Beweggründen und Zielen. Die scheint nicht nur allgegenwärtig, von außen an mich herangetragen, nein. Sie scheint auch ein nicht totzukriegender rastloser Teil in mir zu sein.
"Darf ich/Frau..." war in diesem Zusammenhang vielleicht eine unglückliche Formulierung. Denn klar darf ich. Nur bringt mir das nicht viel, wenn ich gar nicht kann.
Da stelle ich mich hin, erkläre mich glücklich, so wie es ist, bin überzeugt davon und überhaupt. Und plötzlich, wenn ich so gar nicht damit rechne, kommt durch die Hintertür ein ganz blöder Nebeneffekt geschlichen. Jetzt, wo ich doch so prima mache, was ich - und nur ich - will, gefallen mir die Dinge, die ich nicht mag, noch weniger.
Vielleicht ist das ja so ein evolutionäres Ding. Ich fühle mich als freie, unabhängige Persönlichkeit und unterliege dabei einer Illusion. Denn ich bilde mir ein, damit total glücklich zu sein.
Kann ich das denn? Kann ich mich freimachen von meinen Wurzeln? Brauche ja nur zu betrachten, wie schön ich es finde, wenn Mann mich als Frau wahrnimmt. Mir Türen aufhält, den Koffer trägt, einem Autoverkäufer erklärt, dass die Karre schrott ist, die der mir unterjubeln will. Ich mache das auch. Schleppe schwere Sachen und gifte Autohändler an. Es gelingt. Aber: Richtig glücklich bin ich damit nicht. Es könnte einfacher sein.
Das sind solche Momente, wo ich mich anschaue, und mir sage:
"Zwar läuft alles prima, bin ja schließlich ewig diszipliniert. Toll. Haste fein gemacht. Aber warum so kompliziert? Warum nicht einfach auf mein Frausein besinnen und die Aufgaben teilen?
Ach ja, richtig. Dazu bräuchte es den perfekten Partner. Einen, mit dem ich 24 Stunden aushalte.
Ach ja, richtig. Bei meinem Anspruch ist der gar nicht zu finden. Deshalb suche ich nicht.
Ach ja, richtig. Gottseidank darf ich in unserer Gesellschaft diesen Anspruch haben. Der findet sogar Beifall. Es ist chic, kompromisslos zu tun, was mir gut tut.
Ach ja, richtig. Ich muss mich dabei auch glücklich fühlen, sonst könnte ich meine bewusste Entscheidung gar nicht mehr als autonom getroffen verteidigen und liebhaben."
Ich fühle mich dabei wohl, dass Männer mir in meinem Bewusstsein als Frau - und Frau bin ich durch und durch (manchmal sogar echtes Mädchen) - Dinge abnehmen, die ich Männern auch gern überlasse, weil ich sie nunmal als Männersache irgendwann ganz unbewusst gelernt und gespeichert habe. Diese Einstellung existiert sogar als soziale Norm nach wie vor. Trotz aller Unabhängigkeit und bewusster Einsiedlerentscheidung. Wehe, ein Mann missachtet da seine Rolle.
Ich kann getrost davon ausgehen, dass es auch andere Dinge in mir gibt, die mich Frau sein lassen. Ich tippe verrückt lange Texte, bin total emotional unterwegs, weiß, wie ich schauen muss, damit Mann mich trotzdem oder genau deshalb mag. OK - ich stehe nicht auf Tupper.
Das alles ist aber nur die von mir bewusst wahrgenommene und zugelassene Oberfläche. Würde ich mir eingestehen, dass ich es schöner fände, mit dem perfekten Partner Aufgaben zu teilen, meinen Alltag ganz stereotypisch zu gestalten, ich hätte ein Riesenproblem mit meiner Persönlichkeit.
Denn das, wozu ich mich bewusst entscheide, dass muss sich gut und richtig anfühlen. Ich brauche das Gefühl, selbstkontrolliert und nicht ein Ergebnis anderer Einflüsse zu sein.
Deshalb darf ich nicht nur, sondern ich muss sogar so sein, wie ich möchte (und mir dabei möglichst glücklich begegnen). Ich schieße mir doch nicht ins Knie und gestehe mir bitter ein, dass mein Lebensmodell "nur" der verzweifelte Versuch ist, die Diskrepanz zwischen (vielleicht) zuviel neugewonnener Freiheit im Anspruch einerseits und unzureichendem Angebot andererseits galant zu umschiffen. Denn wäre da irgendwo der perfekte Partner, ich würde mit Anlauf ins Körbchen springen. Aber mal ehrlich, woher sollte der kommen? Soviel Freiheit, wie ich jetzt in unserer Gesellschaft haben darf mir den zu basteln, wer könnte da schon meinem Anspruch genügen? Ich bleibe im Hier und Jetzt, vertraue in die Zukunft und in die Technik. Mein momentanes Glücksgefühl ist unerschütterlich, mein Selbst unterliegt keinen Veränderungen und ist stabil. Äußere Einflüsse prallen von mir ab. Ich werde ewig leben und mit ein wenig Glück gibt es in ein paar Jahren den Bastelsatz: "Perfekter Mann". Mit traumwandlerischer Sicherheit.
Deshalb meutert mein Verstand, wenn mich jemand, so wie mancher Mann hier anspricht, was meine Ziele sind. Weil ich weiß, wie ich sein darf und muss, aber auch weiß, wie ich nur sein kann. Und weil ich sicher bin, dass viel Wahrheit darin liegt, die ich jedoch gar nicht an mich heranlassen will.
Ich darf frei und unabhängig sein.
Ich darf dabei glücklich sein.
Ich muss glücklich sein.
Ich kann es nicht uneingeschränkt.