"Unvergesslich" - das scheint so ein Soziolekt zu sein in der Sex-Branche mit ihrer event-Kultur. "Event" ist ja schließlich heutzutage schon, wenn ein Club überhaupt auf hat und die Kaffeesahne wird dann zum "Highlight" auf dem schwarzen Kaffee ... "unvergeßlich": das scheint zu heißen: "jo-a, so schlecht war's nicht, kamma ma' wieder hingehen". Es gibt ja schließlich ja kaum noch ein Event, daß nicht mit garantierter Unvergeßlichkeit beworben wird ...
Ich glaube, man kann ganz grob zwei Arten von "events" und ihren Besuchern unterscheiden: Da ist auf der einen Seite die "Show", die da geboten wird und von den Besuchern "konsumiert" wird, die mehr oder weniger passiv bleiben, bestenfalls "mitgehen", sich "mitreissen lassen". Auf der anderen Seite ist die "Party", bei der es allenfalls "showeinlagen" gibt, aber die Party selbst von ihren Besuchern veranstaltet wird. Im Erotikbereich heißt das: die Leute wollen in Kontakt miteinander kommen, "sich kennenlernen", unkompliziert Sex haben - voreinander, miteinander ... "zusammensein".
Diese beiden Arten von Events - die ich freilich polemisch als Extreme dargestellt habe - widersprechen einander. Denn bei der "Show" interessiert der Nebenmann (oder die Nebenfrau) nur sekundär - wichtig ist, was auf der "Bühne" abläuft, während es bei der "Party" eben der Mensch neben uns ist, der interessiert und alles andere wird nur aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Die "Party" ist ihrem ursprünglichen Wortsinn nach eine "Partei", die sich vom offiziellen Fest "bei Hof" - der "Show" - in irgendeinen Nebenraum abgeseilt hat, wo man dann unter sich ist, es ungezwungener zugeht. Für das offizielle Fest - die show - wirft man sich in Schale, bei der Party lockert man zumindest die Kravatte, in Erotik-Kreisen lockert man noch mehr und bald sind die ersten ganz nackt ...
Ich selbst kann mit "show" nix anfangen und "showeinlagen" bei Partys sind für mich nur Gelegenheiten zum ausgiebigen Nasenbohren, Gähnen und aufs-Klo-gehen. Ich gehöre in diesem Sinne ganz klar zum "Party-Typ".
Für eine gute - im swingerwelsch: "unvergeßliche" - Party gibt es meiner Erfahrung nach nur zwei wesentliche Faktoren: die "Location" und "die Leute". Die "Location" muß für den bestimmungsgemäßen Gebrauch geeignet sein. Das kann auch eine Stelle in der freien Natur sein - "indoor" ist es eine Frage der Innenarchitektur. Denn die "Location" mit ihrem Ambiente ist es, die bestimmte Leute anzieht und andere Leute abstößt. Sehr wichtig sind auch "die Leute" hinter der Theke, "das Personal". Für eine gute Party muss das Personal offen, herzlich, kommunikativ sein - der "perfekte Body", das raffinierte styling, die für's show-Personal unabdingbar sind, werden hier zur Nebensache. Das sexy-gestylte Topmodel hinter der Theke, das mit einem eisigen Cheese-Lächeln auf die hässlichen Entlein vor der Theke herabsieht, und einen ne gefühlte halbe Stunde auf ne Cola warten lässt, ist der totale Party-Killer - während es bei einer "Show" wirklich ein bejubeltes "Highlight" sein kann.
Ziehen das Ambiente und die richtigen Leute hinter der Theke die richtigen Leute vor der Theke an, dann entsteht eine "Crew", man fühlt sich "wie zuhause" und die Party läuft von selbst. Der Rest ist Nebensache: Musik ? Irgendwas, im Zweifel "die besten hits der 80er und 90er" (nicht zu laut!) Drinks ? Cola, Wasser, Kaffee, Flaschenbier und wenn's hochkommt: Rotköppchen halbtrocken ! Catering ? Salzstangen, Erdnüsse und wenn's hochkommt: Wiener Würstchen aus der Microwelle. Auch hier möge man mir die polemische Übertreibung bitte nachsehen !
Alldies, was für jede "Show" der GAU wäre, ist für die "Party" genau das Richtige - und umgekehrt.
Ich glaube, daß sehr viele event-Veranstalter das nicht raffen und versuchen, "Party" und "Show" zu vermischen, um jedem alles zu bieten. Das funzt aber nicht. Die Eierlegende Wollmilchsau gibt es nunmal nicht und man muß klar definieren, auf welcher Strecke man fahren will. Tut man das nicht, kommt man nur allzu leicht zum faulen Kompromiss, bei dem jedem Zuviel genommen und Zuwenig geboten wird.
Das ist zumindest meine Meinung.