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Brauner Zucker

Brauner Zucker
Montag, 24.3.

Normalerweise gehe ich vormittags einkaufen.
Da ist es vergleichsweise ruhig, keine lauten, nervigen Schüler.

Allerdings drücke selbst ich den Altersschnitt zu dieser Zeit erheblich.
AOK-Shopper in den verschiedensten Ausführungen umkurven die Regale.
An der Frischtheke drängeln sich ältere Semester, denen die vorgepackten Wurst- und Käsemengen einen ehrfürchtigen Schauer einjagen: Schaff ich das noch?
Die würden sich wahrscheinlich auch keine Langspielplatte mehr kaufen.

Wie lange wird es noch dauern, bis ich mich in diese Schlange einreihen werde?

Es dauert dann meistens bis zu meiner Haustür, dass diese leichte Depression sich wieder auflöst.

Aber heute werde ich alles anders machen !!

Gestern habe ich ein längeres Telefonat mit Wolfgang geführt.
Wolfgang ist ein früherer Arbeitskollege, mittlerweile verbindet uns eine wertvolle Freundschaft.
Er ist ein Frauenversteher. Die Frauen sind nur so um ihn herum scharwenzelt, obwohl ich deutlich besser aussehe, jedenfalls wenn man mich fragt.

In dem Telefonat hat er mir nun erklärt, dass Mann gefälligst nur zu einer Zeit einzukaufen hat:
Nach Büroschluss, ca. ab 17:00 Uhr, regionale Schwankungen von bis zu 30 Minuten sind möglich.
Ist doch klar, erklärte er. Singlefrauen sind meistens berufstätig. Der Einkauf wird also in der Regel nach Büroschluss erledigt und Mann kann an der Kaufmenge relativ genau bestimmen, ob eine Familie zu versorgen ist oder Frau nur für eine Person einkauft.

Das leuchtet mit ein, hätt ich auch selber drauf kommen können, bin ich aber nicht, Merde.

Also unter die Dusche, Rasieren, Cremen, das herbe Eau de Toilette (haben die Wässer eigentlich ein Verfalldatum, meins ist mindestens 10 Jahre alt) und dann die Frage, was zieht Mann an.

Wolfgangs Vorschlag bringt mich ins Schwitzen: Klassisch oder lässig sportlich oder doch lieber alternativ.
Diese Gedanken muss man sich am Vormittag nicht machen.

Okay, ich entscheide mich für Jeans, weißes Hemd und das alte schwarze Boss-Jackett, das mir auch nach vielen Jahren immer noch passt, wie angegossen. Das sollte Wirkung erzeugen.

Als ich den Supermarkt betrete, fällt mir tatsächlich sofort der veränderte Kundenmix auf.
Außer offensichtlich berufstätigen Frauen bewegen sich natürlich auch viele berufstätige Männer zwischen den Regalen.
Es gilt also, sich gegen zahlreiche Mitbewerber durchzusetzen. It´s mor fun to compete.

Muss ich das toll finden? Es fällt einem halt nichts in den Schoß. Also, mal das Terrain sondieren.
Ich brauche eigentlich nur braunen Zucker. Ich weiß genau, wo er steht. Aber das ist ja nicht Sinn der Sache.
Also schlendere ich mit suchendem Blick an den Regalen entlang, werfe ein Auge auf die Käsetheke. Leider noch kein lohnendes Wild gewittert.
Nach einiger Zeit beschließe ich, doch schon mal nach dem Zucker zu schauen.

Als ich zu dem bekannten Regal komme, sehe ich......... nichts, kein brauner Zucker.
Ich bin verärgert. Das passiert mir nun schon zum wiederholten Mal, dass der Zucker immer dann ausverkauft ist, wenn ich ihn brauche.
Verschwörungstheorien wabern durch meinen Kopf.
Als ich behende das Regal umkurve, um meine Beschwerde vorzubringen, bleibe ich wie angewurzelt stehen.
Ein Mantel kommt auf mich zu, feuerrot, sehr kurz, auf Taille geschnitten, zweireihig mit goldenen Knöpfen geschlossen. Daraus lugt hervor ein schlanker Hals, an den sich ein sehr apartes Gesicht anschließt. Ein dezentes, trotzdem beeindruckendes Make-Up betont die hohen Wangenknochen, die Farbe des Lippenstifts passend zum Mantel.
Die tiefschwarzen Haare sind kurz geschnitten und bilden einen starken Kontrast zum vorherrschenden Rot. Die Beine stecken in schwarzen Stiefeln, bei denen eine Lasche die Knie bedeckt.
Trotz des kurzen, sehr kurzen Mantels kann ich keinen Rocksaum erkennen.
Wo mag der sein, schießt es mir durch den Kopf.

Oh nein, jetzt bückt sie sich auch noch am Gewürzregal.

Wenn ich jetzt täte, was ich denke, würde sie mir mit Recht eine scheuern.
Also reiß dich zusammen.

Ich tue so, als suchte ich einen bestimmten Artikel und starre auf irgendwelche Marmeladengläser.
Jetzt steht sie neben mir. Wie sie riecht, das ist wahrlich atemberaubend.
Sie hat das Einkaufskörbchen lässig über den Arm gehängt, spielt mit dem Autoschlüssel und summt vor sich hin.

„Wenn du sie jetzt nicht ansprichst, bist du so was von dämlich“, motiviert mich meine innere Stimme.
„Aber was soll ich denn sagen“, erwidert der Zauderer.

„Ich habe nicht erwartet, eine solch attraktive Frau hier zu treffen, noch dazu so blendend gelaunt“, höre ich mich plötzlich sagen.

Sie mustert mich kurz, verdreht nicht die Augen und sagt mit einem bezaubernden Lächeln: „Ja, ich bin bester Laune. Mein Sohn hat mich heute Abend zum Essen eingeladen. Wir feiern seinen neuen Job. Wenn das für eine Mutter kein Grund für gute Laune ist“.

„Dann habe ich also keine Chance, Sie heute Abend zum Essen zu führen“, entgegne ich überaus zerknirscht.
Mann, wo holst du das denn her?

„Nein, heute nicht.Aber vielleicht sieht man sich ja Morgen. Wie ich mich kenne, habe ich bestimmt wieder was vergessen“.

Und trällernd entfernt sich sich.

Dienstag, 24.3.

Gegen 17:00h machte ich mich auf den Weg zum Supermarkt, wie gestern.

Heute habe ich mein Outfit geändert.
Sandfarbene Chinos, schließlich ist Frühling, hellblaues Hemd, dunkelblauer Strickblazer, Trenchcoat.

Ich spürte eine nervöse Anspannung.
War das nur eine nette Floskel von ihr gewesen, oder steckte mehr dahinter?
Das zu prüfen, kostete mich wenig Aufwand. Der Supermarkt liegt direkt um die Ecke, und der braune Zucker war seit dem Frühstück ohnehin gänzlich aufgebraucht.

Ich streifte also durch die Gänge, immer noch das Bild der Frau in Rot vor Augen.
Leider konnte ich sie nirgendwo entdecken.
Die Mitarbeiterin, bei der ich mich über den fehlenden Zucker beschwert hatte, flötete freundlich:
„Ihr Zucker ist gekommen, steht im Regal“.
Danke, was interessierte mich im Moment der Zucker. SIE war jedenfalls nicht gekommen.

Ich beschloss, einen Espresso zu trinken in der Bäckereiecke, die mittlerweile in jedem Supermarkt zu finden ist. Espresso ist das einzig halbwegs Genießbare dort.

Nach ein paar Minuten machte ich im Geiste einen Haken an die Episode und schlenderte zum braunen Zucker, um nicht ganz unverrichteter Dinge nach Hause zu kommen.

„Was haben Sie denn vergessen“, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir, die mir eine Hitzewelle über den Körper jagte.
Als ich mich umdrehte stand sie so dicht vor mir, dass ich sie problemlos hätte küssen können.
Ihr Anblick und eine Wolke ihres Parfums raubten mir den Atem, sodass mir zunächst das Sprechen schwer fiel.
„Braunen Zucker“, brachte ich mühsam hervor, „und Sie“?

„Och, eigentlich nichts. Gestern ist mir bloß so ein Typ vor die Füße gelaufen, der mich zum Essen führen wollte. Sah gar nicht mal so uninteressant aus. Jeans, weißes Hemd, perfekt geschnittenes schwarzes Sakko.
Nun habe ich Hunger, kann ihn aber nicht finden. Haben sie ihn vielleicht gesehen“?

Dabei nahmen ihre wasserblauen Augen einen leicht traurig spöttischen Blick an.
Die nächste Welle rauschte über mich hinweg und plötzlich wusste ich auch, wo ich solche Augen schon mal gesehen hatte: Sonja Kirchberger, Die Venusfalle.
Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. „Konzentriere Dich“, mahnte meine innere Stimme.

„Wo waren Sie gestern mit Ihrem Sohn essen“, fragte ich unvermittelt.

„Beim Italiener, warum“?

„Dann fiele mir für heute griechisch, spanisch, französisch und japanisch ein“, erwiderte ich.

„Das hört sich spannend an. Gehen wir zum Griechen essen. Ich bin sehr neugierig, was Ihnen zu den anderen Ländern dann einfällt“.

Für einen Augenblick blieb mir die Spucke weg. Das klang in der Tat spannend. Jetzt musste mir nur noch zu Spanien, Frankreich und Japan was möglichst Kreatives in den Sinn kommen.

„Zum Griechen können wir laufen, wenn sie es mit den Schuhen schaffen“, bemerkte ich.

Sie trug dunkelblaue Wildlederpumps mit hohem, aber breitem Absatz, der relativ stabil aussah, sodass man nicht ständig auf der Hut sein musste.
Eine hautenge Jeans betonte ihre Beine und den kleinen, runden Hintern vortrefflich, dazu eine weiß blau gestreifte Bluse und eine schwarze, kurze Lederjacke.
Eine große Clutch im gleichen Material wie die Schuhe und eine sündhaft teure Baume & Mercier am Handgelenk rundeten das Bild ab. Ansonsten trug sie keinen Schmuck.

„Kein Problem“, erwiderte sie, „ich brauche nur meinen Mantel aus dem Auto, dann können wir los“.

Das Lokal war mäßig besetzt. Wir fanden einen gemütlichen Tisch in einer Nische. Da ich schon mehrfach dort gegessen hatte, begrüßte uns der Wirt ausgesucht höflich.

Ich war überrascht, als meine Begleiterin ein regionales Bier bestellte.
Das hatte ich eher selten erlebt. Meist bevorzugten die Damen Wasser oder Wein oder einen Longdrink. Aber so konnte ich mich anschließen, mein Mund war ziemlich trocken..

Während wir noch die Speisekarte studierten, kam unser Bier.
Ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich vorzustellen, denn dazu waren wir bislang noch nicht gekommen.
Doch da hatte sie wieder eine Überraschung für mich bereit.
Auf meinen Hinweis, dass wir uns noch nicht vorgestellt hätten, erklärte sie:
„Ich fände es aufregender, wenn wir diesen Zustand noch ein wenig beibehalten könnten. Bislang sind wir mit dem Sie doch ganz gut klar gekommen. Ich finde, es hat so was Prickelndes, mit einem Fremden den Abend zu verbringen“.

Sie versetze mich ein ums andere Mal in Erstaunen.
Ja, der Gedanke hatte was. Wenn man von seinem Gegenüber den Namen nicht weiß, bleibt die Person auf jeden Fall geheimnisvoll.
Die Dame wollte offensichtlich ein wenig spielen, das kam mir gerade recht.
Wenn das Teil des Spiels sein sollte, meinetwegen.

Die Lammhaxe mit Okraschoten und Rosmarinkartoffeln, die wir beide bestellt hatten, war wieder hervorragend, zerging auf der Zunge, einfach köstlich.
Wir unterhielten uns angeregt über Gott und die Welt, Literatur und Film, den neuesten Tratsch aus der Promiwelt, es war sehr kurzweilig.

Als wir das Lokal verließen, nahm ich sie in den Arm und sie kuschelte sich an mich. Es war deutlich kühler geworden. Wir bewegten uns Richtung Parkplatz als sie plötzlich stehen blieb, mich mit ihren unverschämt blauen Augen ansah und süffisant sagte: „Das griechische Essen war vorzüglich. Jetzt bin ich gespannt auf Spanien“.

Ich umarmte sie und flüsterte ihr ins Ohr:“Schöne Unbekannte, in meinem Fundus findet sich noch ein Restbestand alten, samtigen Riojas, der dringend der Dezimierung bedarf. Könnten Sie Sich mit dem Gedanken anfreunden, nicht nur mit einem Unbekannten zu Abend zu essen, sondern ihm auch noch in seine Höhle zu folgen“?

Statt einer Antwort drückte sie mir einen intensiven Kuss auf den Mund und ich öffnete meine Lippen und wir spielten eine Weile dieses berauschende Spiel, das den Kopf leer und die Hose eng macht.
********AusL Frau
4.124 Beiträge
Wohl dem
.. der einen solchen Freund hat *zwinker*!

Danke für den humorvollen Einblick ... oder Ausblick *nachdenk* ? ... in/auf ein spannendes Rentnerleben. Mit dieser Antwort dürfen wir bestimmt auf eine Fortsetzung hoffen *liebguck*?
Hab' Dank
... für die Einsichten und Anregungen.
Hab' mich nicht nur köstlich amüsiert. *grins*
*******l56 Mann
151 Beiträge
Humorvoll
geschrieben und entsprechender Aufbau mit Spannung auf die Fortsetzung. Nette Geschichte, jetzt aber mit Volldampf voran zum spanischen Wein
Dieser Beitrag wurde als FSK18 eingestuft.
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*******l56 Mann
151 Beiträge
Ohne Worte
einfach mehr von dieser schönen Geschichte
*schleck*
@Schimmel56
Danke für das Kompliment. Bevor ich den japanischen Teil einstelle, erfreuen Dich vielleicht auch diese beiden Episoden:

Lisa - Part 1

Wiedersehen mit Lisa
Dieser Beitrag wurde als FSK18 eingestuft.
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Bild ist FSK18
*********eber Paar
1.244 Beiträge
Richtig lecker...
so eine Pfirsisch auf japanische Art *top*

Sehr schön erzählt und mit den richtigen Höhepunkten versehen, Deine Geschichte. Wir hatten ja zuerst gedacht, es ging in Richtung Nyotaimori, aber so ein Dessert lassen wir uns auch sehr gerne schmecken! *schleck*
*********iams Paar
2.141 Beiträge
toll
spannende Geschichte -Fortsetzung folgt *wink*
**ih Mann
111 Beiträge
Lesevergnügen
Wie immer sehr schön und leicht geschrieben, ein Lesevergnügen!
*******007 Mann
9.276 Beiträge
*bravo* sehr bildhaft und spannend geschrieben!
*floet* Wann geht es weiter? *liebguck*
Sehr schön zu lesen
Da ist die Zugfahrt gleich viel netter *g*
*********iams Paar
2.141 Beiträge
nochmals gelesen
perfekt - prima geschrieben, macht spass immer und immer wieder zu lesen -danke *top*
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