Lippenbekenntnis
Wir unterhalten uns. Mein Blick wird immer wieder abgelenkt von deinen Lippen. Ihre geschmeidigen Bewegungen fesseln mich. Ich liebe es, wie du mich damit küsst und ich liebe es, sie zu beobachten, wenn sie auf diese andere Art mit mir kommunizieren.Ich trete näher an dich heran und schaue von unten zu ihnen auf. Du blickst mich an und lächelst. Zähne blitzen hervor. Ich greife in deinen Nacken, ziehe dein Gesicht näher an mich heran und berühre deine Wange nur kurz mit dem Handrücken. Meine Fingerspitzen wollen die Konturen deiner Lippen nachziehen; die sanft geschwungene obere und die vollere untere. Ich verharre mit dem Daumen mittig auf deiner weichen Unterlippe und automatisch schürzt du sie zum Kuss.
Mit dem Zeigefinger versuche ich die gekräuselte Haut glatt zu streichen und deine Lippen entspannen sich. So kann ich sie noch einmal umrunden, in Zeitlupe, Millimeter für Millimeter. Ich fasse einzelne Stellen zwischen Daumen und Zeigefinger um leicht an ihnen zu ziehen; schiebe meine Fingerkuppe dazwischen und taste deinen Zahnkranz dahinter. Reflexartig begegnest du meinem Finger mit der Zunge und ich kann fühlen, wie der Kontakt mit meiner salzigen Haut dich Speichel produzieren lässt. Du schluckst und ich umfahre deinen Mund mit der angefeuchteten Fingerkuppe erneut.
Meine Kreise werden weiter, der Druck der Fingerspitzen fester und ich spüre die Reibung deiner Bartstoppeln. Du atmest hörbar und schließt die Augen. Dir scheint in diesem Moment bewusst zu werden, dass meine zarten Berührungen von eben einem Lippenbekenntnis gleichen: Ich schiebe dir meine Finger unsanft in den Mund und du umschließt sie nach dem zweiten Fingerglied fester mit diesen Lippen, die ich nun küsse.