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Ein wesentliches Element der romanatische Liebe ist die Annahme des Partners so wie er ist.
Schon bei dieser Grundannahme gehe ich nicht mit. Im Gegenteil finde ich gerade, Liebe überwindet Widrigkeiten und macht bereit für Veränderungen und Kompromisse, die man ohne dieses tiefe Gefühl nicht eingehen würde. Wegen der Liebe beginnt man neue Sportarten, probiert neue Hobbys, wagt neue Sexpraktiken, erweitert seinen Horizont. Gerade Liebe bewegt innere Felsen. Auf der anderen Seite bedeutet Liebe auch nicht, alles an dem anderen blind zu mögen oder dumpf zu akzeptieren. Ich kann tiefe Liebe empfinden und Charakterschwächen dennoch nicht leiden und sie als störend und belastend empfinden. Ich glaube, wenn wir realistische, in der wahren Welt anwendbare Schlüsse ziehen wollen, dann dürfen wir die Liebe nicht verträumt und unrealistisch überhöhen. Das wäre dann wirklich nur noch Kitschromantik und Selbsttäuschung.
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manchmal fordern wir es sogar regelrecht, dass sich jeder so weiter entwickeln kann wie er möchte. Doch wenn sich zwei Individuen entwickeln, ist die Gefahr gross, dass man sich in verschiedene Richtungen entwickelt.
Ja, Freiheit und Unabhängigkeit als die Goldene Kuh der Postmoderne. Da schafft das unrealistische Paradigma sich die eigenen Probleme.
Menschen entwickeln sich weiter und verändern sich. Das ist unvermeidbar und auch wünschenswert. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass man in einer Partnerschaft versuchen sollte, sich GEMEINSAM weiterzuentwickeln. Viele gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse und Pläne muss man haben und sich auch zusammen verwirklichen. Das schafft ein Fundament der Zweisamkeit, auf das man bauen kann.
Im Durchschnitt verbringe ich deutlich mehr Zeit mit meinen Arbeitskollegen als mit meinem Partner. Dann kommen noch Schlafenszeiten und haushaltsführung dazu. Und die kleine restliche Freizeit soll dann nach modernem Paradigma auch noch getrennt verbracht werden, "weil jeder Freiräume" braucht? Wovon den bitte Freiräume? Vom partner, weil man "sonst nur noch zusammenhängt"? Woher kommen eigentlich diese absurden Gedanken? Ich ich einen Mann liebe und begehre, dann möchte ich natürlich jeden tag mit ihm plaudern und irgendwas kleines zusammen machen, am Wochenende vielleicht auch viel zusammen machen. Gemeinsame Zeit ist heutzutage doch ein super wertvolles Gut und nichts, das es im Überfluß gäbe und vermieden werden müsste.
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Ist das Scheitern programmiert, gar Programm auf dem Weg der persönlichen Entwicklung?
Ja, wenn man sich unabhängig fortentwickelt.
Nein, wenn man sich zusammen entwickelt, gemeinsame Ziele hat, zusammen an ihnen arbeitet und für viele gemeinsame Unternehmungen und Erlebnisse sorgt. Zu zweit an dem selben Strang zieht, gemeinsame Pläne umsetzt: Reisen, Hobbys, Sport, Freundeskreis, Hausbau, Kinder,...
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Warum fühlen wir uns dann aber als Versager wenn wieder einmal eine romantische Beziehung scheitert?
Vielleicht weil es hätte klappen können, wenn wir nur die richtigen Entscheidungen getroffen hätten? Wenn nicht immer Freiräume wichtiger gewesen wären als gemeinsame Erlebnisse? Vielleicht auch einfach nur, weil wir ein Ziel nicht erreicht haben, das wir begehrt haben?
Scheitern heißt ganz einfach, ein Ziel nicht zu erreichen.