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Amelie darf nicht weinen

Amelie darf nicht weinen
Bevor ich zu der Erzählung mit Amelie komme, einen lieben Dank an alle, die meine zwei ersten Texte hier im Joyclub lasen und mich fühlen ließen, dass sie gefallen. Ich hätte gerne meinen Dank dazu geschrieben, konnte dies aber noch nicht, weil ich hier so neu bin, dass die Joyclub-Überprüfungen und Einrichtungen meine Reaktionen noch nicht zuließen oder ich einfach noch zu ungeschickt mich anstellte. Alles ist noch neu und so bitte ich meine ausgebliebene Antwort nicht als Unhöflichkeit zu deutet. Danke.

So und jetzt heißt es:


Amelie darf nicht weinen

Der Intercity hatte noch niemals Verspätung. Wenigstens noch nie an einem solchen Tag wie dem heutigen. Das wusste er schon am Morgen im Badezimmer, wo die Entscheidung zu treffen war, ob die Stoppeln stehen oder abrasiert werden sollten. Den Entschluss zu einem Sechstagebart fällte die Uhr.
Ansonsten war nicht viel zu entscheiden in dieser frühen Stunde. Pulverkaffee und ein paar hastige Salzletten waren kein Frühstück wie früher zu Hause, aber im Tausch mit 15 Minuten mehr Schlaf unbezahlbar.
Amelie würde pünktlich sein, das wusste er. Kein Kunststück. Der Intercity hatte noch niemals Verspätung gehabt. Oder doch?
Er stahl sich die Zeit um nachzurechnen, wie oft der Zug und er in den vergangenen zehn Jahren zur annähernd gleichen Zeit in den Bahnhof einliefen und wann, wer zuerst da war. Der alte Wecker auf dem Küchentisch tickte unbarmherzig. Keine Zeit, keine Zeit... Unter diesem Druck konnte er nicht nachdenken. Doch selbst unter günstigeren Umständen wäre das Ergebnis keinesfalls anders ausgefallen, der Zug war Gewinner, seit Amelie mit der Bahn fuhr.
Im Sommer noch hatte er gehofft, Amelie für eine Anreise am Vorabend zu begeistern. Sie hatte sich seinen Vorschlag ruhig angehört und dann abgelehnt. Nein, sie wollte nicht am Abend in einen Zug steigen, wenn die Menschen verschwitzt und verschlissen von der Arbeit kämen. Morgens rochen Mitreisende nach frischer Seife, Brötchen und Kaffee und Amelie behauptete sogar, dass man ihnen die Strapazen vom Vortag nicht mehr ansehen könnte. Nein, Amelie wollte nur morgens in einen Zug steigen. Gegen diese Form der Argumentation gab es kein Mittel.
An einem Spätnachmittag im Herbst hatte er sich dann ihre Argumente zu eigen gemacht und die schlechte Witterung vor der Haustüre zur Hilfe genommen, um sie am Abend von der Rückfahrt mit der Bahn abzuhalten. Er hatte keine Fallen aufgestellt wie ein Jäger. Eher arglos bat er sie ihre Lage zu überdenken und bei ihm zu übernachten. Das Wetter war novemberlich, der Nebel nass und das Feuer im Kamin knisterte einladend. Nichts schien gegen ein Dableiben zu sprechen. Sie waren den ganzen Tag in seinem Bett gewesen, hatten das stürmische Feuer ihrer beider Körper, ekstatische und Schlummerstunden genossen und sich in den der Ernüchterung ähnelnden Pausen, immer währende Liebe geschworen. Eine gemeinsam durchträumte Nacht wäre für ihn der Höhepunkt gewesen. Aber sie stand auf, prüfte ihren makellosen Körper vor dem Spiegel und seinen Augen, angelte die in großer Hast verloren gegangenen Wäschestücke zusammen und kleidete sich in einer so erotisierenden Weise an, dass ihm die Sinne schwanden.
Später beim Abendessen in einem kleinen Lokal am Bahnhof, wo die Kellner sie längst als Stammgäste begrüßten, nahm sie seine rechte Hand zwischen ihre Hände, so, wie seine Mutter ihm als Kind die Hände nach einer Schneeballschlacht erwärmte. Er schmolz dahin.
"Liebster", hauchte Amelie und ihre Stimme schien in Tränen gebettet, "ich müsste weinen, wenn ich daran dächte, wie wunderbar eine Nacht zu zweit sein könnte, aber was würden die Leute denken, wo wir doch erst seit zehn Jahren verlobt sind..."
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