@********s_63
Was du in deinem letzten Beitrag schreibst, hört sich für mich sehr viel realitätsnäher an, als alles, was ich bisher von dir gelesen habe.
Das du nur einen Menschen als Lebenspartner wünschst, mit dem du eine seelisch-emotionale Verbindung hast, da kann ich gut mitgehen.
Ich nenne das Passung, denn der Partner soll zu mir von seiner Persönlichkeit, aber auch in der Sexualität passen, weil andere Erfahrungen mir gezeigt haben, das es ansonsten eher keinen gemeinsamen Weg gibt.
Dennoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich im Laufe gemeinsamer, aber auch individueller Entwicklung Veränderungen einstellen, Wünsche entstehen, die nicht immer geäussert werden, vielleicht, weil man selbst noch schwanger geht mit diesen Wünschen und es immer wieder eine Neujustierung für einen gemeinsamen Weg und vielleicht auch Kompromisse geben muss. Kompromisse, bei denen jeder der Partner auch für sich selbst Stellung beziehen muss und schlimmstenfalls auch (ungeliebte) Entscheidungen treffen wird.
Für mich erscheint dein romantisch anmutender Wunsch, bedingungslose Liebe bedeute, der Partner ist ohne wenn und aber immer auf der gleichen Wellenlänge mit dir, nicht erstrebenswert.
In Beziehungen gibt es immer wieder ein auf und ab, Veränderung wird selten gleichförmig bei beiden Partnern ablaufen. Jeder hat seine eigene Geschwindigkeit der Auseinandersetzung mit inneren Dingen, kommt eben auch zu Schlüssen für sich, die sich erstmal gegen die bestehenden Bedingungen in der Beziehung richten und wenn es der irgendwann aufkommende Wunsch ist, nicht mehr monogam leben zu wollen, sich gar anderweitig zu verlieben.
Letzlich kommt es darauf an, wie gehen beide damit um und kann daraus vielleicht auch gemeinsames Wachstum entstehen.
Kann ich damit nicht leben, keinen Kompromiss finden, bedeutet für mich bedingungslos zu lieben, den Partner auch ziehen zu lassen.
In einer meiner längsten Beziehungen, in der ich für mich die bisher tiefste Liebe in meinem Leben erlebt habe und gleichzeitig das für mich größt mögliche Wachstum erlebte, sowohl für mich selbst, bei meinem Partner, als auch für die Beziehung, waren es mehrfach Bedingungen, in denen es in der Beziehung, aber auch jeweils bei uns Beiden zu grossen Veränderungen kam. Die zeigten sich erstmal als grosse Verunsicherung, bis hin zu Momenten, das diese Beziehung so nicht mehr lebbar war für uns. Da spielten auch Wünsche beider nach weiteren Partnern eine Rolle. Wobei wir beide damals die Neigung in uns spürten polygam und polyamor zu leben. Und dennoch ist irgendwann eine ganz neue Basis und damit Wachstum entstanden. Die Erkenntnis, trotz bestehender Wünsche nach anderen Menschen in unserem Leben, ändert dies nichts an der tiefempfundenen Liebe zueinander. Das bedeutete zwar definitiv keine körperliche Treue, dennoch eine grosse emotionale Treue zu einander.
Und die klare Entwicklung eines Bewusstseins, an der tief empfundenen Liebe ändert auch eine Trennung nichts.
Liebe, die auch Entwicklung durchlebt, denn mein Verständnis von Liebe heute, wurde massgeblich durch diese Beziehung geprägt.
Deine Sicht auf bedingungslose Liebe scheint mir sehr von dem romantischen Ideal geprägt, das ich für mich nicht so leben wollen würde.
Der Gedanke, es gibt nur den einen Menschen, den ich in dieser Dimension liebe, nimmt mir letztlich die Möglichkeit mich entwickeln zu können. Entwicklung, die aus meiner Sicht bis zu meinem letzten Atemzug andauert und nicht davor endet.
Mit jedem Menschen, jeder Liebe (und ich gehe mittlerweile davon aus, der Mensch kann viele Menschen lieben, wenn er es zu lässt) begegnet mir ein neues Universum, in dem ich mich letzlich selbst erkennen kann.
Ich wage mal zu sagen, dass die Theorie, es gibt nur einen einzigen Menschen auf der Welt, der zu mir passt, bei dem die Liebe so tief ist, wie ich sie wünsche, auch davon abhalten kann, aus der Theorie ins gelebte Leben und Lieben zu gehen, wie ein Schutz, vor was auch immer.
Aber es ist schon interessant zu lesen, welch unterschiedliche Sichtweisen es auf das Phenomen Liebe gibt.