Warum können die Menschen, die ich am meisten liebe, mich am tiefsten verletzen?
Meiner Meinung nach deshalb, weil ich mich Menschen die ich liebe (Eltern, Geschwister, Partner) mehr bzw. komplett öffne. Da ich mein Vertrauen schenke, fallen automatisch alle Barrieren bzw. Schutzmechanismen, die ich/vermutlich jeder im "Alltag" mit anderen in irgend einer Form "aktiviert" hat. Gleichzeitig wächst natürlich mein Anspruch an den Charakter bzw. das Verhalten der "geliebten" Menschen. Ich selbst erwarte unterbewusst, dass die "Energie" die ich in diese Menschen stecke auch von ihnen für mich aufgebracht wird bzw. dass ich ihnen im Endeffekt das selbe bedeute wie sie mir. Ich schenke das Vertrauen weil ich sie als "würdig" erachte. Werde ich dann enttäuscht, so trifft mich der Schmerz ungemein, da ich ihnen vertraut habe. Versuche ich z.B. für einen Partner alles erdenkliche zu tun damit es ihm gut geht so erwarte ich, dass es ihm umgekehrt genauso wichtig ist. Wäre es nicht der Fall, so würde ich mich fragen in wie weit meine Gefühle "größer/stärker" sind (was nicht unbedingt tatsächlich der Fall sein muss), dies ginge ja bereits mit einer Art "Schmerz" einher. Wäre ich jedoch immer für jemanden da und ich würde oftmals im Stich gelassen, so würde bei mir vermutlich ein Umdenken stattfinden und mein Vertrauen sich schmälern. Dies würde wiederrum zu weniger "Energieaufwendung" meinerseits führen und gleichzeitig zu weniger Verletzlichkeit, da ich tief in mir eben wieder vorsichtig werde und sich eine "Barriere" aufbaut. Für eine Beziehung (egal ob zu einem Partner oder einem Familienangehörigen) ist soetwas natürlich Gift, für mich/einen selbst jedoch eben ein Schutzmechanismus um den potentiellen Schmerz so gut es geht zu minimieren. Es ist quasi der umgekehrte Ablauf der "Vertrauensbildung", wenn ich/vlt jeder einem "frischen/neuen" Beziehungspartner näher kommt. Um es an einem Beispiel zu benennen: Als ich vom Fremdgehen (es waren "nur" Küsse) einer damaligen Partnerin erfahren habe, ist mein Vertrauen in sie abgefallen. Ich denke ihre Lüge diesbezügl. war vermutlich sogar schlimmer für mich als die "Tat" an sich(was nicht heißt, dass das Küssen mir nicht weh tat). Ich habe unterbewusst angefangen wieder eine Barriere zu errichten, welche jedoch wenig half. Als sie wieder fremdging (wildes Rumgeknutsche im Suff) und ich davon erfuhr tat es genauso, vlt. sogar mehr weh als zuvor. Sie hatte es wieder getan und mir sogar noch dreist ins Gesicht gelogen kurz bevor ich es von einem mir zu dem Zeitpunkt Unbekannten der es gesehen hatte erfahren habe. Spätestens ab da ist mein Vertrauen (aufgrund von Schmerz über Tat und Lüge diesbzgl.)ungemein abgefallen und ich konnte es nie wieder aufbauen. Damit einher ging natürlich auch das "dicht" machen und eine gewisse emotionale Kälte meinerseits. Sie warf mir deshalb öfters vor sie nicht mehr zu lieben, womit sie im Endeffekt auch recht hatte. Sie hatte mich einfach zu schwer verletzt. Wir haben die Beziehung dann beendet.
Sind wir durch die Gesellschaft, Erziehung und Schule so konditioniert worden anders zu sein als wir in Wirklichkeit sind? Lebt Ihr mehr im Schein als im wirklichen Sein? Wie und wann lasst ihr eure Masken fallen und wem gegenüber zeigt ihr euer wahres Ich, eure Verletzlichkeit?
Weiß ich nicht, ist vlt zu einem Teil durch die Evolution bedingt. Vlt auch nur durch Eltern und eigene Erfahrungen.
Man hat ja eigentlich mehrere "Masken". Bei der Arbeit verhalte ich mich anders als mit Freunden, bei manchen Freunden öffne ich mich mehr als bei anderen usw. Ich glaube manchmal ist es bei mir etwas ungewolltes. Selbst bei wirklich guten Freunden habe ich immer eine gewisse Vorsicht. Sie mag minimal sein, aber sie ist vorhanden und ich kann es einfach nicht ändern (was ich aber glaube ich auch gar nicht will). Ich denke mein "absolut echtes bzw. komplettes" Inneres kennen nur meine Mutter und meine jetzige Partnerin. Sie sind die einzigen Menschen denen ich, ohne darüber nachdenken zu müssen, alles anvertraue, meine Verletzlichkeit bzw. mein "wahres" ich in allen Facetten zeige und auf die ich mich absolut verlasse.
Wie schafft ihr es, nicht mehr von jemanden verletzt zu werden oder wollt ihr für bestimmte Personen verletzbar bleiben, weil es für euch beispielsweise zu einer Liebesbeziehung dazugehört?
Verletzt wird man vermutlich immer emotional, auch von Leuten die man nichtmal mag. Nur ist der Schmerz eben ein anderer und weitaus niedriger (durch Schutzmechanismus und andere Erwartung) als der, den ich verspüren würde wenn mich ein "geliebter" Mensch verletzt. Wenn ich einen Menschen in mein Herz lasse, so mache ich mich automatisch verletzbar. Will ich dies nicht, so darf ich eben niemanden hinein lassen und z.B. eine Liebesbeziehung wird für den Partner unschön, da er wohl meine "Gefühlskälte" spürt und sich mir wohl nie wirklich nahe fühlen kann. Für mich geht "echte" Liebe nicht ohne den Partner in mein Herz blicken zu lassen. Niemand könnte mich emotional so verletzen, wie ein Mensch den ich liebe.