Kapitel 4 - Das geheime Zimmer
Der Föhn verstummte.
Von diesem Teil werde ich noch taub, was für ein Höllenlärm für so viel heiße Luft.
Prüfend betrachtete ich mich im Spiegel.
Wenn mich schon „5“ im Schlafzimmer erwarten, will ich sie nicht noch durch Schlamperei beim Zurechtmachen unnötig in die Höhe treiben.
Es war bereits dunkel geworden und ich blickte auf die Uhr: 21:01h.
Heute wird das nix mit dem Date, hoffentlich meldet sich bis morgen noch was Passendes. Mein Magen machte bei diesem Gedanken einen Satz und mir schwante Unheil bei Nichterfüllung des Wunsches meines Gebieters und der Lüge deswegen.
Durch die Badezimmertür erreichten mich sanfte Streichklänge.
Cello? Zur Abstrafung? Hmmm, vielleicht ahnt er doch nichts von meiner Lüge. Gab es vielleicht doch noch einen Funken Hoffnung für meinen Hintern?
Ich öffnete die Tür, machte das Licht aus und stand im flackernden Kerzenlicht. Bachs Cello Suite No.1 in G ertönte aus den Lautsprechern unseres Schlafzimmers. Es klang einfach traumhaft schön und die Kerzen, die vom Badezimmer über den langen Korridor bis zur Tür zum Schlafzimmer zweireihig aufgestellt waren, schienen nach den Klängen des Cellos zu flackern. Ich hatte alles erwartet, aber nicht das.
Mein Herz klopfte, ich schritt den Flur entlang bis zum Schlafzimmer. Leer. Er war nicht im Schlafzimmer. Die Kerzen wiesen mir den Weg bis zur offenen Dachluke. Meine Knie wurden weich.
Nicht unser geheimes Zimmer im Dachboden! Verwirrt wegen dem romantischen Eindruck der Kerzen, doch aufgrund der offenen Luke eher der Verzweiflung nahe, blickte ich mich um. Mein Herz raste, meine Hände wurden kalt und ich hatte Mühe nicht auch noch zu zittern.
Er hat gesagt, er erwartet mich im Schlafzimmer, doch er ist oben…was mach ich jetzt? Nicht im Schlafzimmer auf Ihn warten und unaufgefordert hoch gehen, könnte noch ungesünder für mich werden. Die Gerte erschien vor meinem geistigen Auge, mein Magen verknotete sich und ich entschied mich für das Schlafzimmer. Ich nahm kniend meinen Platz neben dem Bett gegenüber seines Ohrensessels ein. Ich kniete gefühlt eine Ewigkeit und meine Fußrücken begannen zu schmerzen. Vorsichtig hob ich den Kopf und blickte auf die Uhr auf dem Nachttisch: 21:23h
Oh Mann! Ich knie‘ mindestens seit einer Viertelstunde. Meine Glieder begannen zu schmerzen und meine ohnehin schon wilde Atmung wurde vom nicht mehr zu unterdrückenden Stöhnen unterbrochen.
‚Du hast mich angelogen! Du kleines verlogenes Miststück!‘
Streng, kalt und sehr zornig. Er stand im Dachboden, am Austritt der Bodentreppe. Ich erschrak, hielt vor Schreck die Luft an, spürte meine bebende Halsschlagader und versuchte so unbemerkt wie irgend möglich nach oben zu blicken. Ich sah den unteren Teil seiner Beine. Er war angezogen, da war weder Handtuch- noch Bademantelflair. Seine schwarzen ledernen Schuhe sprachen ohne Worte eine eindeutige Sprache.
Oh nein! Er steht in voller Montur dort oben! Er weiß es… Mir wurde übel, denn ein Anlügen hatte schwerwiegende Konsequenzen, so viel wusste ich.
‚Steh auf! Lass den Blick gesenkt und komm zu mir!‘
Mit schmerzenden und weichen Knien schritt ich auf die Treppe zu und stieg zu ihm hinauf. Mein Herz schlug wie wild und meine Halsschlagader schien sich schier zu überschlagen. Mein Mund wurde trocken, das Atmen schneller.
Er hielt sein Smartphone in der Hand und augenblicklich wurde mir klar, dass Ausreden keinen Sinn mehr hatten. Ich fiel vor ihm auf die Knie, senkte den Kopf und meine Kehle schnürte sich förmlich zu. Ich brachte keinen Laut mehr heraus.
‚Hast du mir etwas mitzuteilen?‘
Da es mir die Sprache verschlagen hatte, schüttelte ich nur den Kopf.
‚Dein Gehorsam lässt zu wünschen übrig. Ich werde Dir nun eine Lektion erteilen. Höre mir ganz genau zu: Die „5“ haben sich durch deine Lüge verzehnfacht. Ein Kopfschütteln ist keine korrekte Antwort: +15. Dass Du mir nicht gehorchst ist nochmal 25 wert. 10, weil du vorhin deinen Blick erhoben hast. Denkst du etwa ich bemerke das nicht?
Wieviel macht das?‘
‚100, mein Gebieter‘, hauchte ich hervor und schluckte.
100 Hiebe!!! Mein Arsch ist danach grün und blau! Was für ein beschissener Freitagabend! Was habe ich mir nur gedacht?
Er schob die Gerte unter mein Kinn, hob meinen Kopf an und verband mir mit seiner Krawatte die Augen. Das letzte was ich sah, war sein verfinsterter Blick. Dann war alles schwarz. Ich hörte wie er sich entfernte, das Klirren der Ketten, die durch Ösen gezogen wurden, und dass Karabiner eingehakt wurden. Er war so unbeschreiblich streng und mein Unterleib schien das Wasser aus meinem Mund gesogen zu haben: die Möse war alles andere als trocken…
‚Lesha!‘ fuhr er mich an. Ich erhob meinen Oberkörper, nahm die Hände auf den Rücken und drehte meinen Kopf in die Richtung aus der seine Stimme kam. Er legte mir meinen Halsreif um. Das Metall war kalt und das Klicken des Schlosses, wie auch das Festziehen des Gewindes löste jedes Mal den gleichen Effekt in mir aus:
Nun bin ich vollends SEINS.
‚Steh auf! Strecke Deine Hände nach vorn!‘
Ich gehorchte. Die Lederfesseln zog er stramm an, sein Zorn war spürbar, auch oder gerade weil er kaum sprach und ich Ihn nicht sehen konnte.
Lügen war so dumm von mir. Ihm nicht gehorchen, nicht viel besser. Das wird mir noch eine Lehre sein. Er zog eine der Ketten durch die D-Ringe der Manschetten und zog mich unsanft zu sich heran. Gänsehaut entfaltete sich über meinen Körper als ich den Stoff seines Anzugs auf meiner Haut spürte. Er griff mir in die Haare, hob dadurch mein Kinn und gab mir einen Kuss, den ich zwar zögernd, aber dennoch erwiderte. Meine Magengrube wurde flau, ich hatte mir ordentlichen Ärger eingehandelt. Er genoss meine Unsicherheit, dass ich nicht wusste was mich tatsächlich erwartete. Ich stand blind, nackt und gefesselt vor ihm. Ausgeliefert und schutzlos. Und nass….
‚Ab ans Kreuz mit dir…‘ flüsterte er mir zu.
Ganz sanft erloschen die Klänge des Cello…